Die Latte-Macchiato-Klimaschützer
In ihren Auswirkungen auf Klima und Gesundheit ist die Herstellung von Milchprodukten
ähnlich schlimm wie die Fleischproduktion.
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Es ist der riesengroße blinde Fleck in den aktuellen politischen Debatten: Wenn
wir die beiden wichtigsten politischen Themen der letzten beiden Jahre betrach-
ten — Klima und Corona —, so stellen wir fest, dass bei beiden Krisen die
Massentierhaltung massiv ursächlich beteiligt war. Zum Thema machen dies
die Medien jedoch nur selten — wenn nicht gerade ein „unübersehbarer“
Skandal wie im Fall Tönnies die Republik erschüttert. Und auch dann werden
die richtigen Schlussfolgerungen nur selten gezogen. So gut wie nie wird dazu
geraten, den eigenen Fleisch- und Milchkonsum drastisch zu reduzieren, ob-
wohl dies bitter notwendig wäre. Übrigens auch, weil tierische Nahrungsmittel
— speziell wenn sie schadstoffverseucht sind — das menschliche Immun-
system schwächen, was auch die Anfälligkeit für die so gefürchteten Viren
erhöht. Vor allem aber, weil die Fleischproduktion auf unserem Planeten die
Umweltsau Nr. 1 ist. Und die Milch? Macht‘s noch schlimmer.
Der Latte Macchiato war in letzter Zeit häufig Anlass für Sticheleien gegen eine
angebliche überhebliche urbane Elite, vor allem im Milieu der Grünen-Wähler.
Tatsächlich aber ist Latte Macchiato heutzutage nicht übermäßig elitär. Ge-
messen an den gesamtgesellschaftlichen Kosten der Milchproduktion ist das
Getränk sogar noch ziemlich billig. Menschen, die bei Weißwürsten ethische
Bedenken hätten, hängen die Latte bei Milchprodukten in der Regel nicht so
hoch. Sie wähnen sich moralisch auf der sicheren Seite. Eine einfache Überle-
gung zeigt aber, dass dies falsch ist. Der überwiegende Teil der Umweltschäden
wird nicht durch Tierquälerei angerichtet (die natürlich ebenfalls eine schlimme
Sache ist), sondern durch die bloße Existenz einer so großen Anzahl von Tieren.
Die Milchkuh belastet das Klima ebenso wie die Fleischkuh.
Auch demjenigen, den die Umwelt und das Leid der Tiere nicht so interessieren,
sollte eines doch auf den Nägeln brennen: die eigene Gesundheit. Für alle,
denen ethische Überlegungen „wurst“ sind, solange die Wurst schmeckt, hält
John Robbins in seinem Buch „Ernährung für ein neues Jahrtausend“ ein paar
Argumente bereit, vor denen niemand die Augen verschließen kann.
Die moderne Massentierhaltung fordert auch von uns Menschen einen hohen
Preis. Das Fleisch auf unseren Tellern enthält Rückstände von Pestiziden,
Hormonen, wachstumsfördernden Substanzen, Insektiziden, Tranquilizern,
radioaktiven Isotopen, Herbiziden, Antibiotika und Appetitanregern. Der
menschliche Fleischesser dient, da er am Ende der Nahrungskette steht, all
diesen Stoffen als „Endlager“.
Kinder saugen diese Schadstoffrückstände buchstäblich mit der Muttermilch
auf. Aber auch der Genuss von Produkten aus Kuhmilch durch Erwachsene ist
nicht ohne. So listet das Portal sagneinzumilch.de auf:
„Antibiotika werden neben der Eindämmung von Mastitis auch als Masthilfe
zur Leistungssteigerung eingesetzt, was offiziell nicht erlaubt ist, sich aber
von der Verwendung als Arzneimittel kaum unterscheiden lässt. Zusätzlich
können Pestizide, Herbizide, Rückstände von Desinfektionsmitteln (haupt-
sächlich Chloroform) und Schadstoffe (Schwermetalle, PCB) in der Milch vor-
kommen, die beispielsweise über Futtermittel als Rückstände in der Milch
zurückbleiben und hin und wieder in Form von Lebensmittelskandalen
publik werden.“
Virusinfektionen als Folge der
Massentierhaltung
Es kommt etwas hinzu, was erst mit der Corona-Krise verstärkt ins Bewusstsein
drang. Die Massentierhaltung hat erheblich dazu beigetragen, die Wahrschein-
lichkeit zur Verbreitung von allerlei Erregern zu erhöhen. Natürlich wissen Leser
dieser Seite, dass Sars-CoV-2 kein außergewöhnlich gefährliches Killervirus ist
und dass an der Presse-Berichterstattung diesbezüglich einiges übertrieben ist.
Dennoch hätten es die Pharmalobby und die mit ihr verbundenen Politiker und
Experten nicht so leicht gehabt, uns die Pandemie-Panik aufzuschwatzen,
hätten nicht die Zustände in der fleisch- und milchverarbeitenden Industrie
dazu beigetragen, eine explosive Situation zu schaffen. Bestimmte für unsere
„Zivilisation“ typische Faktoren begünstigen die Entstehung neuer Viren-Typen
und deren Verbreitung:
•
Die Enge in den Ställen und die teilweise schlimmen hygienischen Verhält-
nisse.
•
Die soziale Situation der an der Verarbeitung tierischer Produkte beteiligten
Arbeiterinnen und Arbeiter.
•
Zu viel Kontakt zwischen Mensch und Tier infolge des dichten Zusammen-
lebens.
•
Zu viel Kontakt zwischen verschiedenen Tierspezies, weil der Mensch die
Lebensräume von Wildtieren immer stärker einengt.
Viele dieser Zusammenhänge hat der Biologe Clemens G. Arvay in seinem
neuen Buch „Wir können es besser“ ausführlich dargestellt. So schreibt Arvay:
„Der Einsatz von Billigarbeitskräften, die zum Beispiel in Schlachthöfen
schwere Akkordarbeit am Fließband leisten müssen und unter beengten,
unhygienischen Bedingungen untergebracht werden, stellt nicht nur eine
inakzeptable Form der Ausbeutung dar, sondern kann auch die Entstehung
von Clustern in der Infektionsverbreitung begünstigen. Schon der Ausbruch
von COVID-19 in Italien steht unter anderem mit dieser fragwürdigen Praxis
in Zusammenhang“.
Ein weiteres großes Gesundheitsproblem wird durch die fortgesetzte Ein-
schränkung der Biodiversität geschaffen.
„In Bezug auf Lebensmittel muss auch klar gesagt werden, dass unser Fleisch-
konsum reduziert werden sollte. Wie ich in diesem Buch bereits ausgeführt
habe, verfüttern wir die Ressourcen der Welt an unsere Nutztiere und tragen
damit zu einer Zerstörung der Biodiversität bei. Diese wäre aber unser bester
Schutz vor Epidemien und anderen Gesundheitsbedrohungen“.
Ein Beispiel: Wegen Nahrungsverknappung — weil ihre Lebensräume durch
menschliches Zutun immer weiter zusammengedrängt wurden — flohen
Fledermäuse in China in die Großstädte.
„Je weiter die intakten Ökosysteme schrumpfen, desto näher kommen sich
Vertreter der unterschiedlichen Arten inklusive uns Menschen, auch wenn sie
im Laufe der Evolutionsgeschichte bisher keinen Kontakt zueinander hatten“.
Viren wechseln so leichter ihre Besitzer und treffen auf Spezies, deren Immun-
system an sie nicht gewöhnt ist. Zoonosen, das heißt ansteckende Krankheiten,
die von Tieren auf Menschen überspringen können, werden so immer wahr-
scheinlicher.
Eine klügere Form des Egoismus
Alle genannten Risikofaktoren werden grundsätzlich auch von der Milchwirt-
schaft verursacht, zumal schon die große Dichte an „Nutztieren“ in einem
Gebiet die Umwelt belastet und die Biodiversität gefährdet. Fassen wir noch
einmal zusammen, welche Faktoren bei der Produktion von Fleisch und Milch-
produkten das Klima belasten. Ich habe diesen Sachverhalt in meinem Artikel
„Die Weißwurst-Klimaschützer“ ausführlicher dargelegt:
•
Kuh-Fürze und -Rülpser (Ausstoß von Methangasen),
•
Landverbrauch durch Tierhaltung und den Anbau der Futterpflanzen,
•
Wasserverbrauch durch Tierhaltung und den Anbau der Futterpflanzen,
•
Wasser- und Bodenverschmutzung durch Gülle,
•
Boden-, Wasser- und Luftverunreinigung durch mehr
Unkrautvernichtungsmittel,
•
Insekten- und Vogelsterben in der Folge fehlender oder vergifteter
Lebensräume,
•
Rodung von Urwäldern für den Anbau von Futtermitteln.
Wenn wir uns das anschauen, kommen wir zu dem Ergebnis, dass nicht die
Tierquälerei klimaschädlich ist – diese ist „nur“ ein trauriger und besonders
abstoßender Skandal, der dringend beendet werden muss –, nein, schädlich ist
vor allem die bloße Existenz von „Nutztieren“ in so großer Zahl: ihr Lebens-
bedarf und ihre Ausscheidungen. Das bedeutet: Wer nicht will, dass Tiere
leiden, sollte auf tierische Lebensmittel verzichten. Aber: Auch wem Tiere egal
sind, weil er sie für primitive, nicht schützenswerte und im Niveau weit unter
ihm stehende Kreaturen hält, sollte auf tierische Lebensmittel verzichten,
sofern er daran interessiert ist, die eskalierende Klimakatastrophe aufzuhalten.
Überall dort also, wo nicht die Tierquälerei das Haupt-
problem ist, sondern die Existenz dieser Lebewesen
in übermäßiger Zahl, ist Milch genauso schlimm wie
Fleisch.
Denn die Milch gebende Kuh furzt, produziert Gülle und verbraucht Land,
Wasser und Pflanzennahrung ebenso wie die Fleisch gebende Kuh.
Wie Milch- und Fleischproduktion
zusammenhängen
Hier muss ich noch einmal ein bisschen ausholen, um deutlich zu machen, dass
Milchproduktion keineswegs eine lässliche „Sünde“ ist. Oberflächlich gesehen
ist die Sache klar: Ich sehe eine Kuh vor mir und überlege mir, was schlimmer
ist: ihr ein Schlachtermesser in den Hals zu rammen oder ihre Zitzen mit den
Händen zu ergreifen und ihr ein Glas Milch abzuzapfen. So gesehen ist der
Fleischesser ein Unhold, der Milchtrinker dagegen die Unschuld selbst. Doch
so einfach ist es nicht. Fleisch- und Milchproduktion sind eng miteinander
verzahnt.
Generell herrscht bei Verbrauchern die Meinung vor, Kühe gäben irgendwie
immer Milch. Was schadet es da, wenn ihnen der Mensch ein bisschen was
davon abzapft? Tatsächlich ist es bei Kühen aber nicht anders als bei den
„Weibchen“ anderer Säugetierarten, einschließlich den Menschen: Sie geben
nur Milch, wenn sie gerade geboren haben. Um eine dauerhafte Milchproduk-
tion zu gewährleisten, müssen Kühe deshalb ständig künstlich schwanger
gehalten werden. Man befruchtet sie gegen ihren Willen mit Bullensperma.
Kälber nun, für die die Milch der Kühe eigentlich gedacht ist, sind für Menschen
produktivitätsmindernde Konkurrenten. Die Diebe sind quasi beleidigt, weil
ihnen die rechtmäßigen Eigentümer die Milch wegtrinken. Kälber werden des-
halb schon früh ihren Müttern entrissenen und in kleinen Einzelkäfigen gehal-
ten. Kühe gebären pro Jahr nur ein Kalb, in ihrem gesamten Leben meist nur
durchschnittlich vier. Lässt ihre Milchleistung nach, kommen sie in die Rind-
fleischproduktion. Also nicht erst, wenn sie Kuh-Greisinnen sind und ihr Fleisch
zäh geworden ist, sondern schon im mittleren Alter, wenn ihre Milchproduk-
tion nicht mehr das erwünschte Optimum erreicht. Dieselbe Kuh wird also
zweimal benutzt: zuerst von Milchtrinkern mit gutem, dann von Fleischessern
mit (manchmal) schlechtem Gewissen.
Da ein Bauer die Zahl seiner Stellplätze für Kühe nicht beliebig erhöhen kann,
rückt für jede aus Altersgründen ausgemusterte und geschlachtete Kuh ein
Kalb nach. Wie wir vorher gehört haben, gebären Kühe in ihrem Leben aber
durchschnittlich vier davon. Was passiert mit den anderen drei? Was die männ-
lichen Exemplare betrifft, so kann man sich die Antwort denken: Kalbfleisch.
Aber auch eines der beiden weiblichen Kälber landet in der Fleischproduktion.
Würde also im ganzen Land schlagartig niemand mehr Fleisch essen, würden
Milchprodukte jedoch weiter konsumiert werden, so wüssten Bauern gar nicht
mehr, was sie mit den überzähligen Tieren anfangen sollten. Diese wären wie
männliche Küken ein Fall für den Schredder. „Zum Glück“ gibt es für weiches,
blütenweißes Kalbfleisch und kräftiges, fasriges Rindfleisch aber genügend
Abnehmer.
Fazit also: Milchkühe, die scheinbar nur der Käse-, Joghurt und Schokoladen-
herstellung dienen, werden zu drei Vierteln ohnehin der Fleischproduktion
zugeführt, das restliche Viertel stirbt nach kurzem „arbeitsreichem“ Leben weit
vor ihrem biologischen Tod. Zu schweigen von den extremen psychischen Här-
ten, die entstehen, wenn Rindermütter und ihre Kinder früh getrennt werden.
Vegetarier können sich also nicht einfach damit herausreden, sie äßen ja gar
keine Schweinskopfsülze, dafür umso lieber gemischte Käseplatten mit Eier-
likör.
Bei Eiern übrigens ergibt sich ein ähnliches Bild: Hähne kommen in den Schred-
der oder als Hähnchen in die Tiefkühltruhe; Hühner werden aussortiert, sobald
sie mal nicht mehr so „können“. Zumindest aber gilt der Ausstoß von Methan-
gas durch Hühner als vernachlässigbar.
Drei Argumente gegen tierische
Nahrungsmittel
Es gibt gegen tierische Nahrungsmittel drei Gruppen von Argumenten: gesund-
heitliche, ethische (am Tierwohl orientierte) und ökologische. Erkenntnisse
über die schädlichen gesundheitlichen Folgen von Fleisch, Eiern und Milch-
produkten kann man noch vom Tisch wischen, indem man anführt, dass man
relativ wenig davon isst („ausgewogene Mischkost“) und auf biologische
Qualität achtet (keine Antibiotika im Fleisch).
Ethische Fragen kann man ignorieren, solange man sich der stillschweigenden
Zustimmung der meisten Mitmenschen sicher ist und die Wahrheit über die
„Nutztierhaltung“ verdrängt.
Wie ist es aber mit dem Klimaargument? Denken Sie an dieser Stelle einmal
nicht an die Tiere. Verschwenden Sie keinen Gedanken an kastrierte Ferkel,
geschredderte Küken, an den Müttern entrissene Kälber, an Schlachtungen mit
nicht vollständig vorgenommener Betäubung, an brüllende Rinder in der Enge
und Verzweiflung kilometerlanger Tiertransporte, an ausblutende Lämmer, an
stinkende Schweinehälften, die maschinell in menschengerechte Stücke zer-
teilt werden, an Millionen eingepferchter Wesen, die in ihrem Leben keinen
Sonnenstrahl zu sehen bekommen werden. Lassen Sie nicht zu, dass diese
Bilder in Ihrem Kopf entstehen. Denken Sie nicht dran.
Aber denken Sie an sich selbst.
Als Bewohnerin oder Bewohner eines sich immer mehr überhitzenden Plane-
ten, von dem alles, was ihn lebens- und liebenswert gemacht hat, Stück für
Stück verschwinden wird — bis am Ende überhaupt kein Leben mehr auf ihm
möglich sein wird.
Diese dritte Gruppe von Argumenten, jene, die Umwelt- und Klimafragen
betreffen, wird immer schwerer vom Tisch zu wischen sein. Es wird immer
schwerer werden, zu begründen, warum man seine geistigen Kräfte dazu
genutzt hat, eine falsche Lebensweise gegen Kritiker zu verteidigen, anstatt
damit zu beginnen, eine richtige einzuüben.
„Gutmenschen“ — ja bitte!
Was das konkrete Leid einzelner liebenswerter Kreaturen nicht bewirken kann,
vielleicht bewirkt es nun ein abstrakter Begriff wie „Das Klima“. Die Alternative
ist: Wurst essen in der Wüste oder Bratkartoffeln in fruchtbarer Landschaft.
Natürlich ist diese Bemerkung nicht komplex genug. Es gibt andere Klimakiller
und auch andere Essalternativen. Aber in der Tendenz stimmt sie.
Wenn der letzte Vogel tot ist, streamen Sie am besten
eine Datei mit Vogelstimmen aus „alter Zeit“. Wenn
die letzte Biene gestorben ist, können Sie statt dem
Honig- ein Nutella-Brot essen. Aber wenn dieser
Planet gestorben ist, gibt es keinen zweiten mehr.
Das Klimaargument wird diejenigen, die an der alten auf Fleisch- und Milch-
konsum fixierten Lebensweise festhalten, zunehmend in die Defensive treiben.
Zunehmend werden — da die vernünftigen Argumente ausgehen — Leugnen
und Wegschauen als letzte Auswege bleiben. Eine Methode, die auch viele
bemühte Klimaschützer leider gewählt haben: Sie fordern meist „nur“, Kohle-
kraftwerke abzuschalten und CO2-Steuern einzuführen sowie seltener mit dem
Jet um die Welt fliegen. Alles richtig. Aber war da nicht noch was anderes?
So schlimm wie die Fleischwirtschaft
Das Klimaargument zeigt nicht zuletzt auch eine unbequeme Wahrheit: Wo es
um Tierleid geht, ist die Milchwirtschaft etwas gnädiger als die Fleischwirtschaft
(wenn auch nicht so harmlos, wie wir gern meinen möchten); wo es jedoch um
die bloße Existenz von Tieren in so großer Anzahl geht (Wasser-, Land- und
Pflanzenverbrauch, „Kuh-Fürze“ und dergleichen), da ist die Milchwirtschaft
so schlimm wie die Fleischwirtschaft. Da ist es egal, ob Sie der Kuh mit sanftem
Eutergriff Milch abzapfen oder sie gleich schlachten: Die Kuh ist da, sie gibt
Methangas in die Atmosphäre ab, ihre Gülle übersäuert die Böden, sie ver-
braucht unmäßig viel Platz durch den Anbau von Pflanzen, die sie zu ihrer Er-
nährung benötigt.
Natürlich scheint es widersprüchlich, Tierfreund zu sein und zugleich eine dras-
tische Reduktion der Anzahl von „Nutztieren“ zu fordern. Es bräuchte aber nur
wenige Tiergenerationen, um durch Sterilisation und die systematische Umstel-
lung auf biologischen Pflanzenanbau die entstandenen ethischen und ökolo-
gischen Probleme deutlich zu vermindern.
Und auch wenn die radikal bedrohliche Situation, in der wir uns befinden,
nahelegt, das eigene Konsumverhalten ebenso radikal umzustellen — es ist
wichtig zu wissen, dass nicht nur die „perfekten“ Veganer einen wertvollen
Beitrag leisten. Wer statt 10 Schnitzeln monatlich nur noch 9 isst, hat ebenso
einen Fortschritt gemacht wie jemand, der es von einem Schnitzel auf 0 schafft.
Ich bin zwar entschieden dafür, weit mehr zu tun, als nur einen „Veggie-Day“
pro Woche einzulegen — es mag aber für Menschen, die momentan nicht so
konsequent sein können, beruhigend sein, zu wissen: Jeder kleine Schritt der
Ernährungsumstellung zählt. Und auch lange Wege beginnen mit dem ersten
Schritt.
Dennoch gilt natürlich: Die Zeit läuft uns davon. Wenn jeder und jede nur ein-
mal wöchentlich die Leberkäsesemmel zur 9-Uhr-Brotzeit durch eine Emmen-
taler-Semmel ersetzt, wird das nicht reichen.
Bei einem Vortrag von Robert Habeck in Peißenberg demonstrierten Bauern
mit dem Slogan: „Mit Bienen wollt ihr werben, die Bauern lasst ihr sterben.“
Es erscheint auch auf den ersten Blick besonders schäbig, derart niedere Lebe-
wesen wie Insekten der „Krone der Schöpfung“ vorzuziehen. Aber das Argu-
ment verfängt nur bedingt, da die Bienen ja dem gesamten Ökosystem und
damit auch dem Menschen nützen.
Die niedrigen Preise für Milch, unter denen Bauern stöhnen, sind — wenn wir
ökologische und ethische Argumente kontra Milch hier einmal beiseitelassen
— allerdings ein Skandal. Sie sind der Herstellung und dem Vertrieb von Lebens-
mitteln unter den Bedingungen des Kapitalismus geschuldet. Verbraucher wollen
alles billig kaufen — und teilweise müssen sie es, aus finanziellen Gründen. Der
Großhandel lässt seine Kunden Könige sein — auf Kosten der Anbieter, deren
Mitarbeiter teilweise wie Sklaven arbeiten müssen.
Bauern leiden, ja, aber Kühe leiden gewiss mehr. Dazu schreibt der Tierschützer
und Buchautor V.C. Herz:
„Den Preis für den günstigen Milchpreis zahlt übrigens hauptsächlich die
Kuh. Die aggressive Zucht auf eine möglichst hohe Milchleistung schadet
den Tieren. Heutige Kühe haben eine bedeutend schlechtere Lebensqualität,
werden häufiger krank und werden wegen rückläufiger Milchleistung
früher geschlachtet. Das Opfer des Milchpreises ist entsprechend die Kuh,
nicht der Bauer.“
Mitgefühl einüben
Ich habe dargelegt, warum tierschützerische Ambitionen gar nicht unbedingt
nötig sind, um sich heute für eine drastische Reduzierung tierischer Nahrungs-
mittel auszusprechen und dies auch im Alltag zu praktizieren.
Die einzige Form des Mitleids, die hierzu nötig ist, ist
das Selbstmitleid, das in unserer Gesellschaft aus-
reichend zur Verfügung steht. Haben Sie Mitleid mit
sich und den vielen anderen Menschen, die auf einem
zunehmend verödenden Planeten leben müssen.
Ich will Ihnen zum Abschied dennoch auch das Mitgefühl mit anderen Lebens-
formen ans Herz legen. Es ist auch für Sie selbst ein Gewinn, wenn Sie Ihr Herz
empfindungsfähig halten. Es existiert eine Veranlagung zu Mitgefühl in Ihnen
— etwas, was, als Sie Kind waren, vermutlich lebendig in Ihnen war und das
entsetzt war bei der Vorstellung, dass jemand dem „süßen“ Kaninchen oder
Lamm etwas antun könnte. Den meisten von uns wurde da etwas genommen
und abgewöhnt, was zum Wertvollsten gehörte, wozu wir fähig sind.
Holen wir uns diesen unterdrückten Teil unserer Persönlichkeit zurück — mit
Achtsamkeit, mit Hinsehen, mit hilfreichen Informationen – und dann mit
„Verzicht“. Verzicht, der doch eigentlich nur eine sanfte Veränderung dessen
bedeuten würde, was wir in Zukunft genießen.
Datum 20.10.2020
von Roland Rottenfußer
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Social Media kann süchtig und krank machen
Klimaprognosen für Berlin-Brandenburg
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betreffen Lebensqualität, Wasserversorgung, Land- und
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Methan als Treibhausgas
Die Erdgasförderung setzt große Mengen an Methan frei und
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