Veränderung der
Meeres-Ökosysteme
Ozeane bedecken 71 Prozent der Erdoberfläche und
enthalten etwa 97% des Wassers der Erde. Sie spielen
für das Weltklima eine bedeutende Rolle, weil sie
Wärme und Wasser speichern und damit kurzfristig
Klimaeffekte sowie große Temperaturunterschiede
regulieren. Ozeane binden klimaschädliches Kohlen-
stoffdioxid.
Die globale Dimension der Veränderungen der
Ozeane und ihren natürlichen Ressourcen bedroht
wichtige Lebensgrundlagen für Menschen und Tiere.
Die Meere sind unter anderem Nahrungsquelle und
die Küsten Siedlungsraum für viele Menschen.
Meere verlieren Widerstandsfähigkeit durch den
Verlust von Arten und der Verschleppung neuer
Arten. Die Erwärmung, Versauerung und vermin-
derte Durchmischung und Sauerstoffanreicherung
lassen das Ökosystem kippen.
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Veränderung der Meeres-Ökosysteme
1. Reduktion der Wider-
standfähigkeit von Öko-
systemen
Das Mittelmeer ist ein Hotspot der Artenvielfalt.
Es beherbergt 4 % bis 18 % der weltweit bekannten
Meeresarten, was beachtlich ist, wenn man be-
denkt, dass das Mittel-meer nur 0,8 % der globalen
Meeresoberfläche ausmacht. Es entwickelt sich
auch zu einem Hotspot des globalen Wandels.
Steigende Wassertemperaturen im Mittelmeer füh-
ren zu Veränderungen der Artenzusammensetzung
und des Artenreichtums. Im Allgemeinen werden
Kaltwasserarten weniger häufig vorkommen oder
aussterben und Warmwasserarten häufiger, was zu
einer Homogenisierung führt und die Widerstands-
fähigkeit der Gebiete reduziert.
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2. Verschleppung neuer
Arten in fremde Öko-
systeme
Die meisten Arten aus wärmeren Regionen
gelangen vom Roten Meer durch den vor kurzem
verbreiterten Suezkanal ins Mittelmeer, andere
werden versehentlich durch Ballastwasser von
Schiffen transportiert. Mehr als 700 nicht einhei-
mische Meerespflanzen- und Tierarten wurden
bisher im Mittelmeer erfasst, viele von ihnen
werden durch die wärmeren Bedingungen begüns-
tigt. Von diesen haben sich mehr als 600 im Mittel-
meerraum angesiedelt. Einige tropische invasive
Arten verursachen dabei schwere Störungen in den
Ökosystemen, wie tropische Kaninchenfische, die
die Algenwälder verwüsten. Infolgedessen hat sich
das geographische Verbreitungs-gebiet vieler ein-
heimischer Arten verändert.
3. Erwärmung
Die Weltmeere haben bislang etwa 80 Prozent der
Wärme aufgenommen, die wir dem Klimasystem
zusätzlich zugeführt haben. Sie haben sich bis in
eine Tiefe von 3.000 Metern erwärmt. Wärmeres
Wasser dehnt sich aus, dadurch steigt der Meeres-
spiegel. Die weiterhin steigenden Treibgasemissio-
nen und die dadurch verursachte globale Erderwär-
mung gefährdet massiv die Ozeane und marinen
Ökosysteme und damit auch Küsten und Menschen.
Aufgeheizte Meere geben die Wärme oft über
verheerende Stürme ab, was zu stärkeren Hurri-
kanen mit mehr Niederschlägen führt.
Der fünfte Weltklimabericht des IPCC (Intergovern-
mental Panel on Climate Change) bestätigt, dass die
Auswirkungen des Klimawandels auf Ozeane und
ihre Ökosysteme deutlich bedrohlicher sind, als
bislang angenommen. So wird durch die Erderwär-
mung ein deutlich stärkerer Meeresspiegelanstieg
prognostiziert.
Ein erhöhter Meeresspiegel vergrößert die Kraft
eines Sturmes an der Küste und verkürzt deutlich
die Zeitinter-valle zwischen Überflutungs- und
Sturmereignissen.
Mit zunehmender Häufigkeit und Stärke der
Stürme werden Lebensräume und Erwerbsgrund-
lagen zahlrei-cher Küstenbewohner – vor allem in
den ärmeren Regionen als Folge der Überschwem-
mungen, der Sturmfluten und des Meeresspiegel-
anstiegs – vernichtet.
Der Temperaturanstieg hat bereits jetzt zu Verschie-
bungen des Artenvorkommens und damit zu einer
Veränderung mariner Ökosysteme geführt.
Da das globale Klimasystem sehr langsam und
träge reagiert, wird auch bei sofortiger drastischer
Begrenzung der CO
2
-Emissionen ein Anstieg des
Meeresspiegels nicht zu verhindern sein.
Das Verbreitungsgebiet und die Häufigkeit
mehrerer toxischer planktonischer Arten
(Dinophyten) nehmen mit der Erhöhung der
Wassertemperatur im Mittelmeerraum zu. Einige
von ihnen können an der Meerwasseroberfläche
schwimmende Cluster bilden und Meeresaerosole
freisetzen und dadurch Atmungsprobleme und
Reizungen verursachen. Die umfangreichsten
Ereignisse dieser Art traten in Italien (2005-2006),
Spanien (2004), Algerien (2009) und Frankreich
(2006-2009) auf.
Das Verbreitungsgebiet und die Häufigkeit mehre-
rer toxischer planktonischer Arten (Dinophyten)
nehmen mit der Erhöhung der Wassertemperatur
im Mittelmeerraum zu. Einige von ihnen können an
der Meerwasseroberfläche schwimmende Cluster
bilden und Meeresaerosole freisetzen und dadurch
Atmungsprobleme und Reizungen verursachen.
Die umfangreichsten Ereignisse dieser Art traten in
Italien (2005-2006), Spanien (2004), Algerien (2009)
und Frankreich (2006-2009) auf.
Aufgrund der Erwärmung des Mittelmeers ziehen
Warmwasserarten wie der Blauläufer, der Mittel-
meer-Papageienfisch, die Gewöhnliche Goldma-
krele, der Graue Drücker und der Barrakuda nach
Norden. In den letzten Jahrzehn-ten haben Ausmaß
und Intensität der Quallenplagen zugenommen,
begünstigt durch die steigende Wassertemperatur.
Erhöhte Wassertemperaturen führen auch zu
Massensterblichkeitsereignissen, bei Korallen, aber
auch bei Schwämmen oder Weichtieren. Seit 1999
ereigneten sich fast jedes Jahr Massensterbens-
ereignisse bei verschiedenen Arten. Eine Genesung
ist zwar möglich, aber dieser Prozess dauert lange
und kann durch häufigere Hitzewellen oder zuneh-
menden Säuregehalt gehemmt werden.
4.
Versauerung
Der IPCC Bericht weist auch die Versauerung der
Meere nach, was zu folgenschweren Beeinflussun-
gen der Artenvielfalt und der Nahrungsversorgung
des Systems einhergeht. Zahlreiche Lebensräume
wie die Arktis, die tropischen Korallenriffe sind
durch Überflutung, Abschmelzen der Eismassen
und Versauerung extrem gefährdet.
Besonders die kalkbildenden Organismen, Kiesel-
algen - winzige Algen, die die Ernährungsgrundlage
im Meer stellen, Muscheln, Schnecken und Korallen
sind stark betroffen. Das sensible Gleichgewicht im
Ökosystem Meer gerät aus den Fugen.
Für Korallen ist die Kalkbildung die Voraussetzung
für ihr Wachstum und die Riffbildung. Korallenriffe
bedecken nur 1,2 Prozent der Weltmeere, aber sie
gelten als artenreichstes marines Biotop und behei-
maten mehr als ein Drittel der bekannten Arten im
Meer. Wissenschaftler gehen von 500.000 bis zwei
Millionen verschiedenen Arten in diesem sensiblen
Lebensraum aus. Die Jungfische der meisten Fisch-
arten der Welt ernähren sich in den Riffen bevor sie
ins offene Meer ziehen.
Durch einen Temperaturanstieg des Meeresoberflä-
chenwassers wird die so genannte „Korallenbleiche“
verursacht, bei dem Polypen, lebende Bausteine der
Korallenriffe, abgetötet werden. Dadurch verlieren
die Korallen ihre leuchtend rote Farbe. Schon heute
sind 20 Prozent aller Korallenriffe zerstört, weitere
24 Prozent stehen kurz davor.
Wir haben bereits mit der aktuellen Konzentration
von 400 ppm CO₂ im Wasser das oberste Ende des
Toleranzbereichs für das Überleben von Korallen
erreicht. Bis zu einer Höhe der CO₂-Konzentration
von etwa 350 bis 400 bleiben Korallenriffe in gesun-
dem Zustand erhalten. Ab einer CO₂-Konzentration
von 400 bis 500 ppm (parts per million) hören
Korallenriffe auf zu wachsen, ab einer CO₂-Konzen-
tration von 500 bis 600 ppm lösen sie sich auf.
Korallenriffe haben gerade mit dem bevorste-
henden Klimawandel eine wichtige Funktion im
Küstenschutz und bewahren Küsten vor Erosion
und Sturmfluten, schützen kleinere Inselnationen
vor Wirbelstürmen und begeistern daneben mit
ihrer Vielfalt und Schönheit naturverbundene
Touristen weltweit. Rund 100 Millionen Menschen
sind wirtschaftlich von Korallenriffen abhängig.
Die Versauerung des Wassers im Mittelmeer ist
gut dokumentiert und wird sich auch in Zukunft
fort-setzen. Sie hat negative Auswirkungen auf
viele pelagische und benthische Organismen mit
kalk-haltigen Körperteilen, wie z.B. Korallen,
Muscheln, Pteropoden, Schwämme und
Coccolithophores. Zu den Auswirkungen gehören
sowohl biologische (z.B. vermindertes Überleben
im Frühstadium) als auch ökologische Prozesse
(z.B. Verlust an Biodiversität, Veränderungen der
Biomasse und der trophischen Komplexität).
5.
Verminderten
Sauerstoffzufuhr
Steigende Wassertemperaturen bewirken eine
Zunahme des Anteils kleiner Arten, junger Alters-
klassen und eine Abnahme der Größe im Alter
(Bergmann-Regel). Infolgedessen wird erwartet,
dass im Mittelmeer das durchschnit-tliche maximale
Körpergewicht der Fische von 2000 bis 2050 auf-
grund der Erwärmung des Wassers und der ver-
minderten Sauerstoffzufuhr sowie aufgrund der
Überfischung um 4 bis 49% schrumpfen wird.
6.
Verminderte Durch-
mischung des Wassers
Die Erwärmung des Oberflächenwassers im relativ
flachen Meeren (z.B. Mittelmeer) kann den verti-
kalen Austausch in der Wassersäule verringern.
Es wird erwartet, dass dies die Bildung von Meeres-
schleim begünstigt. Der Schleim stellt eine Bedro-
hung für Hornkorallen dar, da er sich in vorstehenden
Ästen verfängt und das Absterben provoziert.
Grundlagen zur
Klimakrise
7. Veränderte
Meeresströmungen
Mit dem Temperaturanstieg, wird die thermische
Ausdehnung des Wassers größer und so die Dichte
geringer. Gleichzeitig werden durch höhere Nieder-
schläge und Schmelzwasser der Gletscher mit
Süßwasser die Ozeane verdünnt was ebenfalls
die Dichte verändert. Die tieferen Meeresbereiche
haben sich deutlich weniger erwärmt, sodass der
Temperaturunterschied innerhalb der Meeres-
schichten zugenommen hat, was die vertikale
Durchmischung reduziert. Dies verhindert den
Transport von mit Kohlenstoff angereichertem
Oberflächenwasser in die Tiefe und schwächt den
Transport von kohlenstoffärmerem Wasser an die
Oberfläche, was die Speicherfähigkeit des Ozeans
für Kohlendioxid mindert. Weiterhin wird sich
dadurch die biologische Produktivität durch ver-
änderte Nährstoffverfügbarkeit verschieben.
Langfristige Modelle gehen davon aus, dass diese
Phänomene Einfluss auf globale Meeresströmungen
wie den Golfstrom, die Wärmepumpe für Nord-
europa haben werden. Dies kann dazu führen, dass
der Nordatlantikstrom versiegt, mit der Folge, dass
sich die Temperaturverteilung über dem gesamten
Atlantikraum nachhaltig verändert. Das könnte
auch dazu führen, dass der Meeresspiegel im Nord-
atlantik bis zu einem Meter steigt und auf der Süd-
halbkugel der Meeresspiegel fällt. Der tropische
Niederschlagsgürtel würde sich verschieben und
der thermische Äquator nach Süden wandern.
8. Ernährungsgrundlage
der Meereslebewesen
Phytoplankton ist die Ernährungsgrundlage der
Meereslebewesen und liefert die sogenannte
Primärproduktion. Das Wachstum und die Arten-
zusammensetzung des Phytoplanktons sind
extrem temperatur- und lichtabhängig sowie
Wind- und Strömungsabhängig.
Seit den 1980er Jahren ist im Mittel in neun von 12
Ozeangebieten die jährliche Primärproduktion um
6 Prozent abgeschwächt worden. Davon ist die
nächste Stufe der Nahrungskette wie Zooplankton,
Fischlarven etc. anhängig. In der Antarktis ist die
Anzahl des Krill seit den siebziger Jahren um 80
Prozent gesunken. Die Kleinkrebse sind für Fisch-
larven und Meeressäuger wie Pinguine, Wale und
Robben überlebenswichtig.
Die Geschwindigkeit des Klimawandels ermöglicht
vielen Organismen keine oder nur eine bedingte
Anpassung an die neuen Bedingungen, was zu
Verschiebungen im Räuber-Beute-Verhältnis und
zwischen Nahrungskonkurrenten führt.
Schon eine Erwärmung um 1 bis 2 °C kann zu dras-
tischen Veränderungen in marinen Ökosystemen
führen. Außerdem können veränderte Licht- und
Temperaturverhältnisse, Strömungsgeschwindig-
keiten und eine Verschiebung der Süß- und Salz-
wasserverteilung dazu führen, dass Arten ihren
angestammten Lebensraum verlassen und sich
die Artengemeinschaft verschiebt.
Abbildung: Kaninchenfisch sind an den gelben Flecken an den Seiten des Körpers
der Familie Siganidae zu erkennen.
Abbildung: Die Meeresströmungen
Abbildung: Im Mittelmeerraum sind die durchschnittlichen Jahrestemperaturen
heute etwa 1,5 ° C höher als im Zeitraum 1880-1899 und liegen damit weit über den
aktuellen Trends der globalen Erwärmung.
Quellen: „Risks associated to climate and environmental changes in the
Mediterranean region“, MEdECC
Abbildung: Tote Steinkorallen. Von Bruno de Giusti - Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5 it,
Wikipedia
Abbildung: Gesunde Steinkorallen. Von J. Hutsch - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,
Wikipedia
Abbildung: Für gewöhnlich setzt die Vermehrung des Phytoplanktons (grüne
Linie) mit dem zunehmenden Lichtangebot gegen Ende des Winters vor dem
Schlüpfen der Zooplanktonlarven (Nauplien, rote Linie) ein. Damit steht den
Zooplanktern beim Schlüpfen genug Nahrung zur Verfügung. Ist hingegen
wenig Licht vorhanden und das Wasser um 6 Grad wärmer, schlüpfen die
Zooplankter schon vor der Phytoplank-tonblüte. Das ist fatal, denn in diesem Fall
fehlt den Zooplanktonlar-ven die Nahrung. Sie verhungern. Das ist vor allem
deshalb beunruhi-gend, weil Forscher zum Beispiel für die Ostsee genau dieses
Szenario voraussagen: Aufgrund stärkerer Bewölkung dringt deutlich weniger
Licht ins Wasser. Zugleich dürfte sich durch die Klimaerwärmung die
Wassertemperatur erhöhen.
Quelle: „Auswirkungen des Klimawandels auf das marine Ökosystem“, World
Ocean Review
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