Tierwohl
Immer häufiger werden Missstände in der konven-
tionellen Tierhaltung aufgedeckt. Aber auch die hie-
sigen Standards bedingen Tierseuchen und enorme
Belastungen für Mensch, Tier und Umwelt.
Folgende „Fünf Freiheiten“ sollten als Bewertungs-
grundlage zum Tierwohl gem. der Welttierschutz-
gesellschaft e. V. o. J. gelten:
•
Freiheit von Hunger und Durst
•
Freiheit von haltungsbedingten Beschwerden
•
Freiheit von Schmerz, Verletzungen und
Krankheit
•
Freiheit von Angst und Leid
•
Freiheit zum Ausleben des natürlichen
Verhaltens
Vergleicht man die derzeitigen gesetzlichen Vor-
schriften für die Massentierhaltung in Deutschland
fehlen wesentliche Aspekte zum Tierwohl.
Ein Mastschwein mit 100 kg Gewicht hat nur 0,75
Quadratmeter zum Leben und werden in Ställen mit
bis zu 45 Tieren gemeinsam gehalten. Sie müssen
überwiegend auf Spaltenboden leben, damit Harn
und Kot in einer Grube darunter gesammelt werden
kann, um Einstreu zu sparen. Freilandhaltung ist die
Ausnahme. Die Mehrheit der Rinder lebt in soge-
nannten Freilaufställen, die Böden sind wie bei den
Schweinen aus Spaltenboden (meist Mastbetriebe)
oder sie sind mit Streu ausgelegt (meist bei Milch-
kühen). Einige Betriebe, praktizieren die Anbinde-
haltung, bei der die Tiere dauerhaft angebunden
sind. Ein Drittel der Rinder haben etwa ein halbes
Jahr lang über den Sommer regelmäßigen
Weidegang.
Die Haltung der Tiere führt zu entsprechenden
Krankheiten.
Mastschweine sind bis zu 80 Prozent verletzt oder
an den Atemwegen erkrankt.
Bei Milchkühen leidet bis zu einem Drittel an lahmen
Gelenken und Störungen des Gangbildes und 38
Prozent an Euterentzündungen. Um Verletzungen
in der Massentierhaltung zu verhindern, werden
Manipulationen an den Tieren vorgenommen, wie
beispielsweise Enthornungen, Eber werden kastriert,
damit das Fleisch einen konstant ähnlichen Gesch-
mack aufweist. Diese Eingriffe sind immer mit
Tierleid verbunden, weil teilweise auf Betäubung
verzichtet wird. Die Quälerei könnte mit mehr Platz
in der Haltung oder weniger invasiven Methoden
umgangen werden. Um Krankheiten zu verhindern
bekommen die Tiere Cocktails von Tierarzneimit-
teln. Im Jahr 2017 wurden 733 Tonnen Antibiotika
für die Massentierhaltung benutzt. Der menschliche
und tierische Körper resorbiert jedoch nur etwa 10
bis 60 Prozent der verabreichten Antibiotikamenge,
der Rest wird ausgeschieden. Die Auswirkungen für
das Ökosystem und Menschen sind klar. Über den
Konsum von Tierprodukten und über das belastete
Grund- und Trinkwasser geraten die Antibiotika in
den menschlichen Organismus und erhöhen die
Gefahr für multiresistente Keime.
Bei Kälbern besteht eine hohe Mortalität in der
Massentierhal-tung. In den ersten drei
Lebensmonaten sterben in Bayern 10 bis 12 Prozent
der Kälber. Tierschützer und Tierarzte sehen die
Bedingungen der Massen-tierhaltung dafür verant-
wortlich. Als Haupttodes-
ursache sind Darm- und Atemwegserkrankungen
sowie Nabelentzündungen bekannt. Experten brin-
gen auch die Kosten-Nutzen- Abwägungen auf Grund
des Preisdrucks in der Landwirtschaft ins Spiel, die
bei Krankheitsfragen der Kälber oft zu deren Nach-
teil ausfielen, vor allem wenn es sich um Stierkälber
handele, die Milchbauern weniger Profit einbringen.
Für sogenannte Falltiere, die vor der geplanten
Schlachtung ums Leben kommen besteht keine
Kontrollpflicht in den Beseitigungsanlagen.
Dies ermöglicht Tierschutzverstöße aller Art zu
vertuschen, da die Tiere nicht zu ihren Haltern
zurückverfolgt werden können, wenn sie zur Tier-
beseitigung eingesammelt wurden.
Masthühner werden in streng abgeschotteten
Massenanlagen in nur etwa sech Wochen auf das
50-fache ihres Geburtsgewichts gemästet und dann
geschlachtet. Das führt dazu, dass die Beine vieler
Hühner unter dem Gewicht zusammenbrechen.
Die Tiere werden auf engstem Raum mit bis zu 23
Masthühnern auf einem Quadratmeter gehalten.
Bei Masthühnern haben bis sich bis zu zwei Dritteln
die Fußballen verändert, ebenso viele leiden unter
Kahlstellen wegen Federpickens und 40 Prozent
weisen Brustbeinschäden auf und 53 Prozent
Knochenbrüche. Auch Legehennen vegetieren in
Massenanlagen mit mehreren Tausend Tieren pro
»Stalleinheit« und haben in konventioneller Boden-
haltung keinen Auslauf und nur ungefähr 0,11 Qua-
dratmeter zur Verfügung. In der Käfighaltung sind
800 cm2; und 900 cm2; pro Henne vorgesehen, das
ist etwa die Größe von einem A4-Blatt. In der
Bodenhaltung sind 18 Hennen pro Quadratmeter er-
laubt. In der Bio-Produktion sind 6 Hennen pro
Quadratmeter und 3.000 Tiere pro Stalleinheit
erlaubt, was alles andere als artgerecht ist.
Hochleistungshennen müssen bis zu 300 Eier im
Jahr legen. Mit künstlicher Beleuchtung und extre-
mer Überzüchtung wird diese konstant hohe Lege-
leistung erreicht. Sobald ihre Legeleistung nach
etwa 12 bis 15 Monaten nachlässt, werden die völlig
ausgemergelten Hennen geschlachtet und enden
als Suppenhuhn.
Massentierhaltung ist für die Landwirtschaft in
Deutschland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Zwei
von drei landwirtschaftlichen Betrieben halten
Nutztiere. Über 40 Milliarden Euro Umsatz macht
die Branche hierzulande und produziert dabei gut
acht Millionen Tonnen, vor allem Schweine-, Rind-
und Geflügelfleisch. Obwohl der Verbrauch von
Fleisch und Milchprodukten hierzulande inzwischen
zurückgeht, wird die Tierhaltung in Deutschland
immer weiter ausgebaut. Mehr und mehr Fleisch,
insbesondere aus Regionen mit intensiver Tierhal-
tung, geht in den Export.
Den Preis für diese rücksichtslose Wachstumsstra-
tegie zahlen Umwelt und Tiere.
Zwei Drittel der Klimagase aus der Landwirtschaft
und 90 Prozent der bundesweiten Ammoniakemis-
sionen stammen aus der Tierhaltung. In Intensiv-
regionen belasten Nährstoffeinträge aus dem
Tierhaltung Grund- und Oberflächengewässer und
gefährden damit die Trinkwasserversorgung.
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