Atomkraft
Politisch wird der Gasverbrauch zum Machtausbau
genutzt. Dabei haben klassisches Erdgas, Biogas
und Fracking weitaus mehr Nachteile neben der
schlechten Klimabilanz.
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Grundlagen zur
Klimakrise
1. Gefährliches
Treibhausgas Methan
Methan (CH4) ist das zweitwichtigste menschen-
gemachte Treibhausgas. Obwohl es im Vergleich
zu CO
2
viel weniger freigesetzt wird, ist es für rund
ein Drittel der Erderwärmung verantwortlich. "Bei
einem Zeithorizont von 20 Jahren ist die Klima-
wirkung von Methan 86-mal höher als der von
Kohlendioxid", heißt es in der Analyse zu Erdgas
vom Potsdamer Institut für transformative
Nachhaltigkeitsforschung (IAAS).
2. Erdgas
Erdgas hat vordergründig geringere CO
2
-Emissionen
als die von Kohle und Öl.
Was jedoch oft nicht berücksichtigt wird, sind die
Methanemissionen, die bei der Förderung und dem
Transport von Erdgas anfallen. Erdgas besteht aus
Methan, das laut Weltklimarat (IPCC) in den ersten
20 Jahren nach seiner Freisetzung einen rund 86-
mal stärkeren negativen Klimaeffekt in der Atmos-
phäre als CO
2
verursacht. Bezogen auf einen Zeit-
raum von 100 Jahren ist der Klimaeffekt im Ver-
gleich zu CO
2
immer noch 36 Mal stärker. Bereits
sehr geringe Mengen des Treibhausgases verur-
sachen somit großen Schaden, wenn sie in die
Atmosphäre entweichen. Berechnungen von
„Food and Water Watch“ zufolge hat Gas auf 20
Jahre gerechnet eine schlechtere Klimabilanz als
Kohle, wenn nur 2,8 Prozent des Gases unverbrannt
in die Atmosphäre entweichen. Nach Schätzungen
von „Food and Water Watch“, die auf verschiede-
nen aktuellen wissenschaftlichen Veröffentlichun-
gen und punktuellen Messungen beruhen, liegen
die tatsächlichen Leckageraten deutlich darüber.
Dies gilt insbesondere für gefracktes Gas.
Die Studie des unabhängigen Berliner Think-and-Do-
Tanks Energy Watch Group berechnet die Klimawir-
kung einer fossilen Substitution durch Erdgas auf
Basis der neuesten Forschung zu den Methan- und
Kohlendioxidemissionen der gesamten Lieferkette.
Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass even-
tuelle CO
2
-Einsparungen durch die hohen Methan-
emissionen von Erdgas bei weitem überkompen-
siert werden, sodass eine Umstellung von Kohle
und Erdöl im Strom-, Wärme-, und Verkehrssektor
auf Erdgas die höchst negative Klimawirkung von
Kohle und Erdöl sogar noch deutlich übertrifft.
3. Gefracktes Erdgas aus
Schiefer
Fracking boomte bis zur Covid 19 Pandemie in den USA.
Dabei wird mit Hilfe von Chemikalien und hohem Druck
Gestein unterirdisch aufgesprengt und dabei Öl und
Erdgas, das hauptsächlich aus Methan besteht, freigesetzt.
Dabei wird das Methan nicht komplett aufgefangen und
es entweicht viel klimaschädliches Methan in die Atmos-
phäre.Seit Jahren steigen die Methan-Emissionen rasant:
zwanzig Mal schneller als noch vor einem Jahrzehnt.
Ein Team von US-Wissenschaftlern aus 16 Forschungsein-
richtungen wiesen in einer Studie nach, dass bei der Öl-
und Gasförderung in den USA 60 Prozent mehr Methan
in die Atmosphäre gelangt, als von der amerikanischen
Umweltschutzbehörde EPA bisher angenommen. Das
sind rund 2,3 Prozent der gesamten US-Gasproduktion.
Fracking trägt einen besonders großen Teil dazu bei.
Nach der Studie macht Fracking rund 33 Prozent des
globalen Anstiegs der Methan-Emissionen in den letzten
Jahren aus. Weil der Großteil des Frackings in den USA
stattfindet, hat die USA im Alleingang rund ein Drittel der
zusätzlichen Methanemissionen verursacht. Dies ergeben
auch die Satellitendaten, nach denen 30 bis 60 Prozent
des zusätzlichen Methanausstoßes zwischen 2002 und
2014 aus den USA kamen. Quellen dieses Fracking-
Methans sind dabei die Lecks in Leitungen oder Tanks
und auch absichtliche Gasfreisetzungen zur Druckentlas-
tung von Tanks und Kompressorstationen sowie Notfälle.
Die geschätzten 9,4 Millionen Tonnen Fracking Gas
Ausstoß pro Jahr entsprechen nach der Studie einem
Schaden für die öffentliche Gesundheit, die Landwirt-
schaft und das Klima von 25 bis 55 Milliarden US-Dollar
pro Jahr. Das entspricht dem gesamten Verkaufswert
des Fracking Gases in diesen Jahren.
Atmosphärenforscher am Karlsruher Institut für Techno-
logie fanden heraus, dass mindestens 40 Prozent des
Methananstiegs zwischen 2007 und 2014, möglicherweise
auch mehr, auf die Zunahme der Erdöl- und Erdgaspro-
duktion zurückzuführen sind.
4. Fracking verseucht
Grundwasser
Hydraulic Fracking von Öl und Gas beansprucht
große Mengen an Grundwasser in den USA, welches
durch den Förderungsprozess stark verunreinigt
und krebserregend wird.
Bei der Förderung des klimaschädlichen Öls und
Gas werden bis zu 12 verschiedene Chemikalien
dem Wasser beigefügt, welches gemeinsam mit
Quarzsand in den Boden gepresst wird und bewirkt,
dass Gestein aufbricht, um das Öl und Gas an die
Erdoberfläche zu fördern. Die Chemikalien dienen
dazu, dass Gemisch aus Quarzsand zusammenzu-
halten und Keime abzutöten. Doch einige der beige-
mischten Stoffe gelten als krebserregend oder
anderweitig gesundheits- und umweltschädlich.
Welche Chemikalien konkret an den verschiedenen
Bohrlöchern eingesetzt werden, geben die Fracking-
Unternehmen nicht preis. Die Forscher der Nicholas
School of the Environment der Duke University in
Durham stellten fest, dass besonders in Regionen,
in denen bereits der Klimawandel für eine Abnahme
des Grundwassers sorgt, die Fracking-Technologie
besonders gefährlich für eine ausreichende Trink-
wasserversorgung ist.
5. Konkurswelle von
Fracking Unternehmen
2020
Die Pandemie Covid 19 und der Preisverfall von
Erdöl und Gas haben im laufenden Jahr 2020 zu
einer Pleitewelle zahlreicher Fracking Firmen
geführt. Mit dem Ergebnis, dass zwei Millionen
Bohrlöcher in den USA nicht sicher verschlossen
sind, sodass das besonders klimaschädliches
Methan entweicht. Ein Argument warum die
Bohrlöcher nicht verschlossen werden ist, dass die
insolventen Gesellschaften kein Geld mehr haben.
Einige Manager haben sich wenige Tage vor der
Insolvenz noch Bonus in Millionenhöhe gezahlt.
6. Biogas
In Biogasanlagen wird pflanzliches oder tierisches
Material mit Hilfe von Bakterien unter Ausschluss
von Sauerstoff (anaerob) abgebaut, wobei Biogas
entsteht. Je nach eingesetzten Material produ-
zieren die Bakterien Biogas mit einem Methan-
gehalt von 50 bis 75 %. Aus diesem kann direkt vor
Ort in einem Blockheizkraftwerk Strom und Wärme
gewonnen werden oder es kann auf Erdgasqualität
aufbereitet und in das Erdgasnetz eingespeist
werden. Die beim Abbau entstehenden Gärreste
können in der Regel als Dünger in der Landwirt-
schaft verwertet werden.
Was spricht gegen Biogas?
Durchschnittlich etwa 5 Prozent des in Biogasan-
lagen produzierten Methans entweicht unkontro-
lliert in die Atmosphäre – etwa 300.000 Tonnen pro
Jahr in Deutschland. Weiterhin werden Ammoniak,
Schwefelwasserstoff und Stickstoffoxide
freigesetzt.
Etwa 20 Prozent der Anlagen laufen mit Abfällen,
Reststoffen oder Gülle. Die restliche 80 Prozent
der Biogasanlagen benutzen als Gärsubstrat eigens
dafür angebaute Energiepflanzen und vor allem
Mais. Das fördert den industriellen Anbau von Mo-
nokulturen. Mais wächst höher als andere Sorten,
der Boden wird dadurch kaum noch von der Sonne
erreicht. Insekten und Kleinlebewesen und kleinere
Pflanzen sind dort nicht zu finden. Ornithologen
beobachten seit Jahren einen deutlichen Rückgang
vieler Vogelarten in solchen Gebieten. Dieser Arten-
rückgang betrifft alle Wiesenbrüter und Singvögel.
Mäuse fehlen Greifvögeln als Nahrung und Andere
Säugetiere wie Feldhasen und Rehe sind auch
betroffen, weil sie in Maisfelder nicht vordringen
können.
Der breitflächige Anbau von Mais hat zur Folge,
dass, dort wo früher Nahrungsmittel angebaut
wurden oder sich Brachflächen erstreckten, heute
auf 1,42 Millionen Hektar endlose Maismonokultu-
ren für Biogas genutzt werden und diese das Grund-
wasser mit Nitraten belasten. Das sind ca. 4% der
Gesamtfläche Deutschlands bzw. 8,6 % der land-
wirtschaftlich genutzten Fläche. Eine Analyse des
WWF geht davon aus, dass für die Energiewende
mit Photovoltaik und Windenergie maximal 2,5
Prozent der Landesfläche benötigt werden. Bei
höherem Photovoltaik-Anteil im Strommix sind es
nur zwei Prozent. Der Naturschutz leidet unter dem
Ausbau nicht. Nach aktuellen Zahlen der Fachagen-
tur Nachwachsende Rohstoffe - FNR haben auch
2018 Energiepflanzen für Biogasanlagen den höch-
sten Anteil am Anbau nachwachsender Rohstoffe.
Silomais belegte etwa zwei Drittel dieser Fläche, auf
dem anderen Drittel standen weitere Energiepflan-
zen wie Gräser, Getreide, Rüben und Leguminosen
oder die Durchwachsene Silphie.
Die Betreiber der Anlagen verdrängen dabei die
traditionellen Landwirte, die sich die durch den
Biogasboom stark gestiegenen Landpreise nicht
mehr leisten können.
7. Quellen
Deutsche Welle, „Erdgas ist nicht die Zukunft“
Food & Water Watch, „The urgen case for a ban on
fracking“
Food and Water Watch, „Fracking“
Heinrich Böll Stiftung, „Erdgas, Fracking,
Klimawandel - Gas ist keine Lösung, sondern
Teil des Problems“
IPCC, „Anthropogenic and Natural Radiative
Forcing“
Springer, „Achieving the Paris Climate
Agreement Goals“
Energywatchgroup, „Erdgas beschleunigt den
Klimawandel durch alarmierende
Methanemissionen“
Energywatchgroup, „Erdgas leistet keinen Beitrag
zum Klimaschutz “
Umwelt Bundesamt, „Nationale Trendtabellen für
die deutsche Berichterstattung atmosphärischer
Emissionen“
Umwelt Bundesamt, „Biogasanlagen
Sicherheitstechnische Aspekte und
Umweltauswirkungen“
Umwelt Bundesamt, „Biogasanlagen“
Umwelt Bundesamt, „Biogasanlagen müssen
sicherer und emissionsärmer werden“
Science Media Center Germany, „Weltweite
Methan-Emissionen auf Rekordniveau“
Science Mag, „Assessment of methane emissions
from the U.S. oil and gas supply chain“
Atmospheric Chemistry and Physics, „Contribution
of oil and natural gas production to renewed
increase in atmospheric methane (2007–2014):
top–down estimate from ethane and methane
column observations“
ACS Publications, „Impact to Underground
Sources of Drinking Water and Domestic Wells
from Production Well Stimulation and
Completion Practices in the Pavillion,
Wyoming, Field“
SCRIBD, „Science Advances: Intensification of
the Water Footprint of Hydraulic Fracturing“
Huffpost, „Fracking Water Use Skyrockets,
Creating 1,440 Percent More Toxic Wastewater“
GEO, „Fracking: Das sollten Sie wissen“
The New York Times, „Fracking Firms Fail,
Rewarding Executives and Raising Climate
Fears“
Handelsblatt, „Das Ende des Fracking-Booms –
Pionier unter Gläubigerschutz“
finanzmarktwelt, „Ölpreis: Warum das Drama
wohl gerade erst beginnt!“
Telepolis, „Frack off, Amerika!“
RP-Energie-Lexicon, „Flüssigerdgas“
SYNECO, „Biogas-Betreiberschulung: Bewertung
der Umweltauswirkungen von Biogasanlagen“
Nationale Akademie der Wissenschaften
Leopoldina, „Bioenergie: Möglichkeiten und
Grenzen“
Zeit Online, „Biostrom, nein danke!“
Rettet den Regenwald e.V., „Biogasanlagen sind
eine Gefahr für Mensch, Klima und Umwelt“
WWF, „Zukunft Stromsystem II.
Regionalisierung der erneubaren
Stromerzeugung“
Quellen: Global Project, Nature
Deutsche Welle
In Europa kämpfen Russland um die Fertigstellung
der Ostseepipeline, Nord Stream 2 und die USA
versucht mit imperialen Methoden ihr Fracking LNG
Gas per Schiff in der EU zu vermarkten.
Nach Einschätzung von Experten wird der Verbrauch
von Erdgas in der EU jedoch nicht mehr wesentlich
steigen und muss in den nächsten drei Jahrzehnten
sowieso auf null sinken, um die Klimaziele zu errei-
chen.
Laut einer Studie vom Institute for Sustainable
Futures (ISF) an der University of Technology Syd-
ney müsste zur Erreichung des Pariser Klimaziels
der globale Erdgasverbrauch bis 2025 leicht sinken
(- 0,2 Prozent pro Jahr) und zur Erreichung des 1,5-
Grad-Ziels ab 2025 deutlich um vier Prozent pro
Jahr.
Würde dagegen der globale Erdgasverbrauch in den
nächsten zwei Dekaden weiter steigen, um jährlich
zwei Prozent, so stiege laut ISF-Referenzszenario
bei ebenfalls wachsendem Öl- und Kohleverbrauch
die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen
Zeit auf bis zu fünf Grad im Jahr 2100.
Deutschland ist der größte Gasverbraucher in Euro-
pa und eine Hauptdrehscheibe des Gashandels in
Europa. Die Gasimportkapazitäten (54 Mrd. m³ aus
Norwegen, 208 Mrd. m³ aus Russland und rund 25
m³ aus den Niederlanden) zusammen mit den Gas-
speicherkapazitäten in Höhe von 24,3 Mrd. m³ über-
steigen Deutschlands Jahresverbrauch um mehr als
das 3-fache. Deutschland hat auch die größten Erd-
gasspeicherkapazitäten Europas und die viertgröß-
ten weltweit. Mit dem Anschluss von Nord Stream 2
(NS2) würde die Importkapazität sogar um weitere
55 Mrd. m³ erweitert werden. Es gibt also neben der
Energieversorgung auch andere wirtschaftliche
Interessen.
Wenn man ernsthaft die angestrebten Klimaziele
erreichen will, dann ist keine Zeit für Investments
in LNG Terminals oder die Nord Stream 2 Pipeline.
Man müsste bei den Projekten ohnehin sofort nach
Inbetriebnahme mit dem Phase-Out vom fossilen
Gas beginnen.
Abbildung: Fracking Zone, Ölpumpe mit Tank, der mit Rohren Erdöl aus dem
Unteröl fördert