Atomkraft
Atomkraft hat einen geringen Energiebeitrag zur
Versorgung bei gleichzeitig hoher potenzieller
Gefährdung, Ressourcenverbrauch, Subventionie-
rung und einer zunehmed schlechteren CO
2
-Bilanz.
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Grundlagen zur
Klimakrise
Atomenergie hat mit seinen ca. 440 Reaktoren (50
neue sind im Bau) einen Anteil am weltweiten Pri-
märenergieverbrauch von etwa 4,4 % und spielt in
der globalen Primärenergieversorgung eine geringe
und weiter rückläufige Rolle. Ca. 200 Reaktorblöcke
wurden bis Juli 2020 aus verschiedenen Gründen
außer Betrieb genommen. Bei dem Betrieb von
Atomkraftwerken kommt es regelmäßig zu Stör-
fällen. In den deutschen Reaktoren gab es bisher
jedes Jahr mehr als 100 meldepflichtige Ereignisse.
Diese Zwischenfälle können potenziell unabsehbare
Folgen haben wie das Beispiel der Reaktorkatas-
trophe in Tschernobyl 1986 oder Fukushima zeigen
2011.
Noch immer gibt es die Meinung, dass Kernenergie
billigen CO
2
-armen Strom liefere. Dabei wird nicht
berücksichtigt, dass sämtliche direkten und indirek-
ten Subventionen sowie die Folgen für Menschen
und das Ökosystem in dieser Energiequelle nicht
berücksichtigt sind.
Wenn die Kernenergie tatsächlich billigen Strom
produziere würde, könnten neue Reaktoren privat
finanziert werden. Weltweit gibt es keinen einzigen
Reaktor, bei dessen Bau das finanzielle Risiko alleine
von privaten Investoren getragen wurde. Eine Tech-
nologie die über 60 Jahre alt ist und angeblich den
billigsten Strom liefert, kommt bis heute nicht ohne
massive Subventionen aus und das Risiko der Atom-
energie lässt sich nicht einmal versichern.
1. Auch Kernenergie
verursacht CO
2
Strom aus Atomkraftwerken ist laut Umweltbun-
desamt nicht CO
2
-neutral.
CO
2
entstehen besonders vor und nach der Strom-
produktion, etwa beim Uranabbau, beim Kraft-
werksbau oder -rückbau bis hin zur Endlagerung.
Würde man den gesamten Lebenszyklus der Kraft-
werke berücksichtigen, sind die tatsächlichen
Emissionen noch deutlich höher.
Dem Bericht der weltweiten Klimakommission IPCC
aus dem Jahr 2014 zufolge, emittieren die Kern-
kraftwerke bis zu 110 Gramm CO
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-Äquivalente pro
Kilowattstunde. Für das Jahr 2019 ergäbe das schät-
zungsweise 731 000 Tonnen CO
2
. Bei den derzeit
schlechter werdenden Erzgehalten um 0,01 %
steigen die CO
2
-Emissionen bis auf 210 g CO
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/kWh
an, die von Erneuerbaren befinden sich im Bereich
von ca. 3 – 60 g kWh.
2. Hoher Ressourcen-
verbrauch und fehlende
Zukunftsfähigkeit
Ein weiteres bedeutendes Problem der Atomkraft
ist der hohe Ressourcenverbrauch beim Uranabbau
und die daraus folgende Schädigung von Menschen
und Umwelt.
Für ein Atomkraftwerk mit einer Leistung von 1000
Megawatt pro Jahr werden 160 bis 175 Tonnen Uran
benötigt. Dafür müssen im Tief- und Tagebau über
80.000 Tonnen Gestein bewegt und ausgebeutet
werden. So entstehen mehrere hunderttausend
Tonnen feste und Million Liter flüssige Abfälle.
Mehr als 85 Prozent der anfallenden Radioaktivität
verbleiben in diesen Abfällen. Sehr häufig kommt
es bei den Arbeitskräften zu gesundheitlichen
Schäden. Die Umwelt leidet unter Wasserverbrach
und der daraus folgenden Kontamination ganzer
Landstriche sowie an dem enormen Ressourcen-
verbrauch der durch Abbau und der Weiterverarbei-
tung des Urans entsteht.
Das Österreichische Ökologie-Institut und die
Österreichische Energieagentur kommt in ihrer
Studie zur Energiebilanz und den CO
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-Emissionen
der Kernkraft zu dem Ergebnis, dass neben den
bekannten Problemen der Sicherheit von Kraft-
werken und dem Umgang mit radioaktivem Abfall
die Kernenergie auch keine Lösung für den Klima-
schutz bietet. Der Rohstoff Uran ist ebenso wie
Erdöl nur begrenzt vorhanden und daher fehlt dem
Atomstrom die Zukunftsfähigkeit. Jede Investition
in Atomkraft hemmt darüber hinaus den Ausbau der
Erneuerbaren Energie und den Umbau des Energie-
systems als Ganzes. Ein Kernkraftwerk, welches
jetzt gebaut wird, wird unter Annahme des
niedrigen Ausbauszenarios der World Nuclear
Association nicht bis zum Ende seiner Nutzungs-
dauer mit Uran versorgt werden können. Die CO
2
-
Vermeidungskosten von Kernenergie sind zudem
höher als die von erneuerbarer Energie. Windkraft-
anlagen und Kraft-Wärme-Kopplung sind 1,5-mal
so kosteneffektiv bei der Reduktion von CO
2
wie
Kernenergie, Maßnahmen zur Verbesserung der
Energieeffizienz bis zu 10-mal so kosteneffektiv.
3. Krebs durch Atomkraft
Im Dezember 2007 veröffentlichte das Bundesamt
für Strahlenschutz die KiKK-Studie zum Thema
Kinderkrebs in der Nähe von Kernkraftwerken.
Das Mainzer Kinderkrebsregister hatte Daten von
1980 bis 2003 von ca. 1.600 Kinder unter fünf Jahren
die rund um die deutschen Atomkraftwerke an
Krebs erkrankt sind ausgewertet. Von diesen
Kindern waren 593 an Leukämie erkrankt. Die
Erkrankungsrate nahm signifikant zu, je näher
der Wohnort am AKW lag. Selbst im Umkreis von
bis zu 50 Kilometern wurden noch erhöhte Krank-
heitsraten festgestellt.
In einer weiteren Studie aus dem Jahr 2009 von
Prof. Dr. med. Eberhard Greiser im Auftrag der
Bundestagsfraktion der Grünen wurde die Daten-
basis um Krebsregister aus Frankreich, Großbritan-
nien, Kanada und USA erweitert. Prof. Greiser ist
emeritierter Professor für Epidemiologie und medi-
zinische Statistik des Fachbereichs Human- und
Gesundheitswissenschaften der Universität Bremen.
Damit lagen Daten aus fünf Ländern und aus der
Umgebung von 80 Kernkraftwerken vor. Auch diese
Studie bestätigte den Zusammenhang zwischen
deutlich erhöhter Krebsgefahr und der Nähe zu
Atommeilern.
In einer weiteren Studie werteten Forscher die
äußerliche Strahlenbelastung von mehr als 300.000
französischen, britischen und amerikanischen
Angestellten aus, die in Atomkraftwerken, bei
Projekten mit Atomwaffen oder in Forschungs-
laboren arbeiteten. Im Schnitt begleiteten die
Forscher die Mitarbeiter 26 Jahre lang. Die Daten
verglichen sie anschließend mit den Krebsfällen in
den Sterberegistern des jeweiligen Landes. Dabei
bezogen sie sich auf alle Krebsformen außer Leu-
kämie. Über den Blutkrebs wurde eine gesonderte
Studie durchgeführt.
Die umfangreichen Daten zeigen, dass auch niedrige
radioaktive Strahlung Krebs auslöst. Mit zunehmen-
der Strahlenbelastung starben mehr Menschen an
Krebs, berichten die Forscher im "British Medical
Journal".
4. Atomkraftwerke sind
nicht versicherbar, Risiko
trägt der Bürger
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE)
hatte die "Versicherungsforen Leipzig" noch vor der
Reaktorkatastrophe von Fukushima mit den Berech-
nungen für die Versicherung von Atomkraftwerken
beauftragt. In einer Studie wurde errechnet, dass
eine Haftpflichtpolice für ein Atomkraftwerk eine
jährliche Prämie von 72 Milliarden Euro hätte. Das
heißt, dass Atommeiler nicht zu versichern sind und
das Risiko auf den Steuerzahler übertragen wird.
Würde man das Versicherungsrisiko in den Strom-
preis rechnen, würden die Strompreise der Studie
zufolge auf mehr als das vierzigfache steigen. Die
wahren Kosten der Atomkraft wurden seit Beginn
der Atomkraft ausgeblendet und im Falle eines
schweren Unfalls werden die Schäden auf die Allge-
meinheit abgewälzt. Die Studie belege die jahre-
lange Marktverzerrung zugunsten der Kernenergie
und zulasten erneuerbarer Energien. Die Studie
zeigt auch, dass bei einer ordnungspolitisch ange-
brachten volkswirtschaftlichen Betrachtung die
Kernenergie nicht konkurrenzfähig ist.
5. Atomkraftwerke nicht
wettbewerbsfähig im
Vergleich zu erneuerbarer
Energie
Die wenigen derzeitigen Investitionen in Atomkraft-
werke in Europa und OECD-Ländern produzieren
absehbar flächendeckend Verluste in bis zu
zweistelliger Milliardenhöhe. Die Kosten des AKW
Olkiluoto-3 in Finnland stiegen von ursprünglich
geschätzten drei Milliarden Euro (1995) auf über elf
Milliarden Euro. Dies entspricht, Stand 2018, etwa
7200 Euro pro kW. In Frankreich ist nach massiven
Kostensteigerungen und regelmäßigen Berichten
über fehlende Reaktorsicherheit das gesamte Atom-
Ausbauprogramm des Energiekonzerns Electricité
de France (EdF) in Frage gestellt. Darüber hinaus
dürften die hohen Schulden des Konzerns (über
40 Milliarden Euro) zu einer vollständigen Verstaat-
lichung führen, wenn ein Bankrott vermieden
werden soll. Von den beiden Investitionsprojekten
in den USA wurde eines nach Verdopplung der
Kosten aufgegeben (UC Summers, Virginia). Beim
anderen (Vogtle, Georgia) stiegen die Kosten von
ursprünglich 14 Milliarden US-Dollar, entsprechend
etwa 6200 US-Dollar pro kW, im Jahr 2013 auf
geschätzte 29 Milliarden US-Dollar im Jahr 2017,
entsprechend etwa 9400 US-Dollar pro kW.
Amory Lovins, amerikanischer Energieexperte und
Träger des Alternativen Nobelpreises, stellt heraus,
dass Atomtechnologie nur noch in Ländern mit einer
staatlichen Wirtschaftsplanung geordert werde.
Privates Risikokapital scheue die hohen Kosten
und Risiken.
6. Bei wachsendem
Atommüll keine
Endlager Lösung
Die Bundesgesellschaft für Endlagerung prognos-
tiziert bis 2080 mehr als 10.500 Tonnen, das ent-
spricht rund 27.000 Kubikmetern, hoch radioaktiven
Abfall. Ein Teil des Abfalls wurde bisher in Großbri-
tannien und Frankreich verschoben. Hinzu kommen
mehr als 300.000 Kubikmeter schwach und mittel-
radioaktive Abfälle die in dem stillgelegten Eisenerz-
Bergwerk in Salzgitter endgelagert werden sollen.
Die weltweite Endlagerfrage bleibt ungeklärt. In
Europa hat lediglich Finnland bisher ein Endlager
für hoch radioaktive Abfälle gebaut. Die sichere
Lagerung für hoch radioaktive Abfälle muss gesetz-
lich für mehr als eine Million Jahre gewährleistet
sein.
Das Endlager soll unterirdisch in Salz, Ton oder Kris-
tallin, also vor allem Granit, entstehen. 2031 soll der
Standort gefunden sein, ab 2050 sollen Behälter mit
strahlendem Abfall unterirdisch eingelagert werden.
7. Quellen
DIW Berlin, „Atomkraft international:
Ausbaupläne von Newcomer-Ländern
vernachlässigbar“
DIW Berlin, „Zu teuer und gefährlich: Atomkraft
ist keine Option für eine klimafreundliche
Energieversorgung“
Umwelt Bundesamt, „Ist Atomstrom wirklich
CO2-frei?“
Energy Agency, „Analyse von Energiebilanz und
CO2-Emissionen der Nuklearindustrie über den
Lebenszyklus“
Bundesamt für Strahlenschutz, „Wismut
Uranbergarbeiter-Kohortenstudie“
BUND, „Uran Atlas. Daten und Fakten über den
Rohstoff des Atomzeitalters“
Bundesamt für Strahlenschutz, „Epidemiologische
Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von
Kernkraftwerken – KiKK-Studie “
Prof. Dr. med. Eberhardt Greiser, „Leukämie-
Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in
der Umgebung von Kernkraftwerken in fünf
Ländern Meta-Analyse und Analyse“
BMJ, „Risk of cancer from occupational
exposure to ionising radiation: retrospective
cohort study of workers in France, the United
Kingdom, and the United States (INWORKS)“
Greenpeace-energy, „Hinkley Point C - Die
unterschätzten langfristigen Kosten und
Risiken“
Greenpeace, „Kein sicheres Endlager in Sicht“
Versicherungsforen Leipzig, „Berechnung einer
Versicherungsprämie für KKW (2011)“
Versicherungsforen Leipzig, „Berechnung einer
risikoadäquaten Versicherungsprämie zur
Deckung der Haftpflichtrisiken, die aus dem
Betrieb von Kernkraftwerken resultieren“
Versicherungsforen Leipzig, „Berechnung einer
risikoadäquaten Versicherungsprämie zur
Deckung der Haftpflichtrisiken, die aus dem
Betrieb von Kernkraftwerken resultieren
(Erklärung)“
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