Landwirtschaft
Intelligente Nutzung digitaler Technologien zum
effizienten und ressourcenschonenden Umgang in
der heutigen Landwirtschaft
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1. Smart Farming
Die Landwirtschaft nutzt schon seit zwei Jahrzehn-
ten die Möglichkeiten intelligenter Steuerung
("Smart Farming"). Smart Farming Ansätze verfol-
gen das Ziel, möglichst viele landwirtschaftliche
Prozesse zu automatisieren und damit die Effizienz
zu steigern und gleichzeitig weniger Ressourcen
einzusetzen.
Unter Precision Farming oder auch Precision Agri-
culture wird der Einsatz von digitalen Hilfsmitteln in
der Landwirtschaft verstanden. Es werden Daten
von Pflanzen, Böden und der Luft gemessen und
analysiert. Durch Precision Farming werden Kosten
und Ressourcen gespart, Umweltbelastungen und
Ernteverluste reduziert. Alle Maßnahmen dabei die-
nen dem Ziel der Ertragssteigerung.
Durch größere verfügbare Datenmengen und bes-
sere Analysemöglichkeiten und mit dem Einsatz von
hochentwickelter Robotik, Drohnen- Aufnahmen
und Sensoren wird sich Precision Farming schnell
verbreiten, wenn die digitale Infrastruktur gegeben
ist. Weitere Hilfsmittel sind Bilderkennungs-Soft-
ware mit künstlicher Intelligenz (KI) die Aufnahmen
von Robotern auswertet und relevante Informatio-
nen liefert sowie der Einsatz von Drohnen, um das
Wachstum von Pflanzen permanent zu beobachten
und zu analysieren. Algorithmen verarbeiten diese
Daten und können dann Informationen zu Stress-
symptomen der Pflanzen oder Florabedeckung der
Böden und Schädlingsbefall bereitstellen. Der Land-
wirt kann so perfekte Erntezeitpunkte präzise be-
stimmen oder präventive Maßnahmen gegen einen
Schädlingsbefall einleiten.
Neben Smart Farming und Precision Farming gibt
es noch den Begriff Digital Farming. Digital Farming
integriert die beide Konzepte Precision Farming und
Smart Farming. Dabei versucht man aus den gene-
rierten Daten verwertbare Informationen abzulei-
ten und dadurch einen Mehrwert zu schaffen. Unter
Digital Farming versteht man die Anwendung von
Precision Farming und Smart Farming und die inter-
ne und externe Vernetzung des Betriebes mit web-
basierter Datenplattformen in Kombination mit Big
Data Analysen. Dabei fließen in die Datenverarbei-
tung satellitengestützte Wetterdaten, Bilder von
Drohnen und Informationen von Bodensensoren
ein. Durch die Nutzung von Digital Farming können
die Landwirte ihre Ernteerträge besser analysieren
und den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutz-
mitteln optimieren.
Digital Farming ist ein Baustein zu der „Farm-to-
Fork“ Strategie mit der die EU-Kommission den
Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsys-
tem ermöglichen will und dabei drei Hauptziele hat:
1.
Nachhaltigkeit
2.
Ökologischer Landbau
3.
Digitalisierung
Konkret werden dabei folgende Eckpunkte einge-
fordert:
•
50 % weniger Pestizide,
•
50 % weniger Antibiotika und
•
20 % weniger Düngemittel.
Insgesamt sollen 25 % der Agrarflächen in der EU bis
zum Jahr 2027 ökologisch bewirtschaftet werden.
Diese europaweite Initiative wird bedeutende
Auswirkungen sowohl auf die Landwirtschaft als
auch auf die Agrarindustrie im Allgemeinen haben.
2. Forderungen vom Bund
für Umwelt und
Naturschutz für die
Landwirtschaft
Digitalisierung soll nur genutzt werden, um agrar-
ökologische Lösungen, die Erhaltung bäuerlicher
Strukturen und die Ernährungssouveränität zu
unterstützen.
Durch eine umfassende Technikfolgenabschätzung
müssen die langfristigen Auswirkungen der neuen
Technologien auf Menschen, Tiere, Umwelt und
Lebensmittel analysiert werden.
Wichtig ist, dass der Landwirt oder die Landwirtin
im Eigentum seiner/ihrer Daten bleibt. Die Sicher-
heit der persönlichen Daten und der Betriebsdaten
muss gewährleistet sein. Dem Datenzugriff durch
Vollzugs- und Kontrollbehörden müssen deutliche
Grenzen gesetzt werden.
Die Daten aus Schlachthöfen sollten zur computer-
gestützten Erhebung und Auswertung von Tierwohl-
Indikatoren eingesetzt werden. Dadurch gewonnene
Erkenntnisse sollten von den Behörden genutzt
werden, um Missstände angehen zu können.
Die Landmaschinenhersteller und die IT-Branche
müssen auch praxisnahe, auf kleinere Betriebe
zugeschnittene, Technologien anbieten (ggf. durch
Fördermittel unterstützen). Neben dem „right to
repair“ sind hier insbesondere kostenlose Open-
Source-Lösungen sowie Angebote wichtig, bei
denen die Daten in den Händen der Anwender*-
innen bleiben müssen.
Geo-, Wetter-, Satelliten- und andere abiotische
Daten sind öffentlich zugänglich für alle zu sichern
und zur Verfügung zu stellen. Hierfür wird ein öf-
fentliches Datenportal benötigt. Noch nicht vorhan-
dene naturwissenschaftliche Daten sind zu erheben
und durch analoges Wissen zu ergänzen.
Die Grundausbildung der Landwirt*innen muss um-
fassend bleiben, ökologisches Denken und ökologi-
scher Landbau müssen als Leitbild Teil der Ausbil-
dung werden. Aus-, Fort- und Weiterbildung sind
den neuen Entwicklungen durch Smart Farming
anzupassen.
Landwirtschaftliches Wissen muss stets auch analog
zugänglich und einsetzbar sein (um bspw. bei einem
großflächigen Hacker-Angriff oder Blackout keine
massive Nahrungsmittelknappheit zu riskieren).
Weitergehende Untersuchungen zu Gesundheitspa-
rametern bei Mensch und Tier, die durch die zuneh-
mende Digitalisierung und den Netzausbau verur-
sacht werden, sind gemäß dem Vorsorgeprinzip
und der Risikoforschung notwendig.
Die digitale Genomsequenzierung und damit einher-
gehende Entwicklungen im Bereich der Biotechno-
logie sind weiter sehr kritisch zu begleiten. Der
ursprüngliche artenreiche Genpool von Pflanzen-
sorten und Nutztierrassen ist als Gegengewicht zur
immer stärker werdenden landwirtschaftlichen
Spezialisierung und Digitalisierung von Genressour-
cen zu erhalten. Die Sicherung der Genpools liegt im
gesamtgesellschaftlichen Interesse und muss durch
die Politik gewährleistet werden.
3. Indoor Vertical Farming
(IVF)
Die Weltbevölkerung wächst kontinuierlich. Aktuell
leben über 7,6 Milliarden Menschen auf diesem
Planeten – und jeden Tag kommen rund 230.000
Menschen dazu. Die meisten Erdbewohner zieht es
in die Städte – schon jetzt lebt mehr als die Hälfte
der weltweiten Bevölkerung in urbanen Räumen.
Diese Menschen müssen mit Wasser, Wohnraum
und Energie versorgt werden und es bedarf Ver-
kehrsadern, auf denen sie sich durch die riesigen
Stadtge-biete bewegen können – und es bedarf für
diese Menschen ausreichend Nahrung.
Unsere Nahrungsmittelproduktion ist aktuell nicht
zukunftsfähig. Städte haben nur begrenzten Zu-
gang zu umliegenden landwirtschaftlichen Gebie-
ten. Andererseits laugen intensive Anbaupraktiken
und der massive Einsatz von Chemikalien unsere
Böden enorm aus und belasten unsere Gewässer.
Extreme Wetterlagen wie Dürren oder Überschwem-
mungen, die mit dem Klimawandel einhergehen,
machen schon jetzt viel Ackerland unbrauchbar.
Gleichzeitig ist die Landwirtschaft für 30 Prozent
der globalen CO2-Emissionen verantwortlich und
allein bei dem Transport unserer oft weitgereisten
Lebensmittel wird enorm viel Energie verbraucht.
Daher werden Städte zunehmend versuchen sich
selbst mit Lebens-mitteln zu versorgen und damit
unabhängiger vom ländlichen Raum und den globa-
len Logistikketten zu werden. Gleichzeitig gilt es,
auch den traditionellen Ackerbau um wetterresis-
tente und klima- und ressourcenschonende Anbau-
methoden zu erweitern.
Gewächshäuser existieren in kulturell verschiede-
nen Formen schon seit Jahrhunderten. Und auch
der Ansatz von vertikalen Anbaumethoden, bei
denen Pflanzen übereinander wachsen, gibt es be-
reits viele Jahre. Global wird intensiv an innovativen
Anbaume-thoden und -technologien gearbeitet, um
Antworten auf die drängenden Probleme der Nah-
rungsmittel-produktion zu bekommen Inzwischen
gibt es weltweit zahlreiche Unternehmen die Indoor
Vertical und Urban Farming betreiben.
•
Bei vertikalen und urbanen Farmen sind die
Anbauflächen übereinander angeordnet und
dehnen sich in die Höhe aus.
•
Indoor-Farming: Die Pflanzen wachsen in der
Regel nicht unter freiem Himmel, sondern
„Indoor“ in Schränken, Hallen oder im Unter-
grund.
•
Künstliche Bedingungen: Die moderne Vertical
oder Urban Farm ist ein automatisiertes, sich
selbstregulierendes System, in dem Sensoren
Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und Licht-
intensität messen und bei Bedarf Wasser oder
Dünger zugeführt oder künstliches Licht zuge-
schaltet wird. Rückstände und Abwässer gibt es
dabei nahezu keine.
Die Vorteile:
IVF ermöglicht ganzjährig, mit geringem Flächenein-
satz, witterungsunabhängig und mit konstanten
Erträgen in gewünschter Menge und Qualität unter
Einsparung von Transportwegen vielfältige Pflanzen
anzubauen. Dabei werden die natürlichen Schritte
der Pflanzenzucht simuliert, indem Temperatur,
Feuchtigkeit, Nähr- und Sauerstoffversorgung sowie
die photosynthetische Reaktion künstlich reguliert
werden. Durch das Lichtspektren der Leuchtdioden
kann der Wachstumsprozess, der Geschmack oder
die Größe von Pflanzen je nach Bedarf beeinflusst
werden - ohne Gentechnik und Chemie. Die geschlos-
senen Systeme und der Einsatz der Hydroponik Tech-
nik machen Pestizide überflüssig und sparen 90 %
Frischwasser ein. Das schont Böden, Seen, Flüsse
und unser Grundwasser. Daneben reduziert sie den
Verbrauch von fossilen Brennstoffen, durch die Nähe
zum Verbraucher.
„Indoor“ Systeme bieten den Vorteil, dass sie die
Landwirtschaft wetterunabhängig macht. Ausge-
laugte Böden können sich erholen, wenn andernorts
auf alternative Anbaumethoden gesetzt wird.
Die vertikale Landwirtschaft ist eine sinnvolle Alter-
native zur konventionellen Landwirtschaft und kann
speziell die Lebensmittelversorgung in urbanen
Räumen nachhaltig verbessern. Durch standardi-
sierte Prozesse, die durch Roboter ausgeführt wer-
den und automatisierte Prozesskontrollen können
autonomen Produktionsstraßen betrieben werden,
die mit wenig Personal auskommen.
Das Frauenhofer Institut hat in einer Studie mehr als
50 urbane und vertikale Farmen weltweit gezählt. 80
Prozent dieser Farmen nutzen Hydroponik und die
hauptsächlichen Erzeugnisse sind Blattgrün (69
Prozent), Basilikum (56 Prozent), Tomaten (44
Prozent) und Erdbeeren (25 Prozent). Die meisten
dieser Farmen haben eine Distanz von einem halben
Kilometer oder weniger zu dem Stadtzentrum und
fokussieren damit stark auf die Versorgung der un-
mittelbaren Nachbarschaft.
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