Hegemonie der IT-Konzerne
Bereits heute weiten IT-Unternehmen Ihren Einfluss auf das digitale Klassenzimmer
aus und sammeln Daten von Minderjährigen
Empfehlen:
Social Media kann süchtig und krank machen
Die fortschreitende Digitalisierung in Schulen kann dazu führen, dass schon
Schüler der „manipulativen Hegemonie“ der digitalen Großkonzerne ausgesetzt
werden.
Es müssen richtungsweisende politische Weichen gestellt werden, bei denen die
Interessen der Schüler im Mittelpunkt stehen und europäischer Datenschutz
kompromisslos durchgesetzt wird. Als Akteure im Bildungsmarkt sollten lokale
mittelständischen Unternehmen und Bildungsverlage gefördert werden, um
auch den jeweiligen länderspezifischen Bildungsinhalten gerecht zu werden.
Wenn die Weichenstellung versäumt wird, werden die großen amerikanischen
IT-Konzerne und Beteiligungsfirmen den Bildungsmarkt mit ihren Angeboten
beherrschen.
Das hat auch Einfluss darauf, welche Inhalte den Schülern vermittelt werden.
Wenn man den IT-Konzernen den Bildungsmarkt überlässt, geht jeglicher kultu-
reller Bezug verloren und die IT- Konzerne bilden unsere Schüler nach ihren
Interessen und binden sie in ihre Ökosysteme ein.
Microsoft bietet Klassenraumlösungen an, Google rüstet mit dem Angebot
„G Suite for Education“ digitale Klassenräume aus und sammelt so die Daten von
Minderjährigen. 80 Millionen Lehrer und Schüler setzen die G Suite for Education
ein. Die Schulsoftware Classroom kommt auf weltweit rund 40 Millionen Nutzer.
Bildungsprojekte betreibt Google nicht nur in den USA, sondern auch in Latein-
amerika, Europa und Asien voran. In der Theorie ist G Suite eine geschlossene,
werbefreie Welt. Doch in der Praxis startet mit dem Zeitpunkt der Nutzung die
Datensammlung über die Kinder. Schwächen, Vorlieben und Interessen speichert
der Digitalkonzern und kann so schon mit Schulbeginn die Kinder klassifizieren.
Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse warnt vor Google Classroom im
Klassenzimmer. Das mitlaufende Programm analysiere, welche Informationen
ausgetauscht werden. „Das heißt: Die lesen mit.“ Und der Der EU-Datenschutz-
beauftragte Wiewiórowski empfiehlt Kunden zu Alternativen bei Microsoft
Produkten.
Google gibt in seinen Informationen zum Produkt zwar an, dass in den Haupt-
diensten der G Suite for Education keine Werbung angezeigt wird und die perso-
nenbezogenen Daten von Kursteilnehmern nicht verwendet werden, um
Werbeprofile für zielgerichtete Anzeigen zu erstellen. In der Datenschutzerklä-
rung von Google wird aber angeführt, dass GPS- und Locationdaten, IP-Adresse
und andere Metadaten zur Nutzug gespeichert werden. Wofür diese Daten ge-
nutzt werden können, ist nicht angegeben. Die Anmeldung zu einer G Suite for
Education Instanz muss über ein Google-Formular durchgeführt werden, ohne
dass es eine Information zur Verarbeitung der Daten gibt. Information, dass diese
Einstellungen beim Anlegen erst getroffen werden müssen, um ein Abfließen der
Daten in Drittstaaten zu verhindern, fehlt vollkommen. Die Website der e Educa-
tion hat auch keine DSGVO-konformen Cookiebanner mit Einwilligung, sondern
lädt Google Tracking Cookies ohne Einwilligung. Über Datenschutzexperten ver-
fügen die meisten Schulen nicht und somit landen die Daten am Ende in den USA
wo es keine DSGVO gibt.
Die britische Privacy Aktivistin Jen Persson von der „NGO Defend Digital Me“
sieht in der «Googlisierung der Bildungslandschaft» vor allem ein strategisches
Interesse.
Google kann wertvolles Meta-Wissen ansammeln, wie die Schwächen und
Bedürfnisse von Schülern und Schulen. Defend Digital Me sind überzeugt: Bei
G Suite geht es darum, Kinder frühzeitig an das Google-Ökosystem zu binden.
Bereits Sechsjährige sollen über eine Google-ID verfügen, am besten mit
Klarnamen.
Eine Investmentgruppe bestehend aus dem britische Medienkonzern Pearson,
den US-amerikanischen Investmentfirmen NEA und Learn Capital, der Chan
Zuckerberg Initiative (Facebook Gründer), Bill Gates Investments (Microsoft
Gründer), Omidyar Network (Gründer von E-Bay), dem staatlichen britischen
Department for International Development und der Weltbank sowie weitere
Investoren bieten mit ihrem kommerziellen Unternehmen „Bridge International
Academies“ Bildungsangebote an.
Bridge International Academies betreibt rund 500 profitorientierte Vor- und
Primärschulen in Kenia, Uganda, Nigeria und Indien. Im Jahr 2025 sollen rund
zehn Millionen Schüler in zwölf Staaten durch BIA unterrichtet werden. Dabei
werden die bisherigen Lehrer durch Instruktoren ausgetauscht. Die Instruktoren
werden sechs Wochen lang ausgebildet und erhalten dann ein um 30 % niedrige-
res Gehalt als studierte Lehrkräfte. Bei dem vollkommen standardisieren
Unterricht erhalten die Instruktoren ein Tablet auf dem sie einem genau festge-
legten Ablaufplan folgen. Dieser Ablaufplan schreibt vorformulierte Fragen vor
und gibt genaue Handlungsanweisungen wie, „Laufen Sie jetzt in der Klasse
umher!“ Dieses sogenannte „scripted teaching“ ist eine Unterrichtsmethode bei
dem vom Lehrer erwartet wird, dass er die Unterrichtsskripte wörtlich liest.
Diese Strategie des „scripted teaching“ setzt sich in den US-Schulen sowie an
Schulen in der ganzen Welt immer mehr durch. Der Unterricht mit Skripten ent-
professionalisiert Lehrer und erstickt ihr kreatives Potenzial sowie das kreative
Potential der Schüler. Aus den Schulen werden mit dieser Methode qualifizierte
Lehrkräfte und Schüler verdrängt. Die Durchschnittskosten bei BIA in den o.g.
Ländern liegen je Kind und Jahr zwischen 663 bis 1050 US-Dollar, während der
Jahresetat für ein Kind an einer staatlichen Schule bei 50 US-Dollar liegt.
Digitalkonzerne haben die besten Voraussetzungen immer stärker den Markt
für digitale Bildung zu dominieren, weil sie bereits jetzt die gesamte digitale
Ökonomie beherrschen. Sie nehmen mit den in den Schulen gewonnenen Daten
vollkommenen Einfluss auf das Leben der Menschen. Die Konzerne können mit
dem Einsatz der künstlichen Intelligenz und ihren allumfassenden Datensamm-
lungen Schüler und ihr Umfeld beliebig manipulieren.
Handlungsempfehlungen
Digitalisierung
Quellen
Microsoft, „Produkte für den Bildungsbereich“
Heise.de, „EU-Datenschützer warnt vor unüberlegtem Einsatz von Microsoft-
Produkten“
Deutschlandfunk Kultur, „Datensammeln in den Klassenzimmern“
Thüringische Landeszeitung, „Hasse warnt vor Google Classroom im Online-
Unterricht“
Epicenter.Works, „Google auf Empfehlung des Ministeriums massiv im Einsatz an
österreichischen Schulen“
Google, „G Suite for Education Privacy Notice “
ZDNet, „Anzahl von Chromebooks im Bildungsbereich steigt auf 30 Millionen“
defenddigitalme, „The State of Data 2020“
Right to Education, „New research commissioned by the Liberian government con-
firms Bridge International Academies is failing“
Right to Education, „174 organisations worldwide call on investors to cease support
to Bridge International Academies“
Right to Education, „Bridge vs Reality: A study of Bridge International Academies'
for-profit schooling in Kenya“
Z Communications, „A controversial American school chain and the battle to teach
Africa’s children“
Bridge International Academies, „Investors“
AfricanBrains, „Bridge International Academies in Kenya: Quality schooling for less
than $4 per day“
Engadget, „Google's Chromebook App Hub for students and teachers is live“
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