Grundlagen zur
Digitalisierung
Bildung
Der Einfluss digitaler Endgeräte hat bereits heute
großen negativen Einfluss auf die Entwicklung von
Kindern und Jugendlichen.
Empfehlen:
Social Media kann süchtig und krank machen
Das Wichtigste in Kürze
Digitalisierung bedeutet für die Bildung:
•
Drohende Bildungskatastrophe durch Schädi-
gung der geistigen Entwicklung
•
Ursache für Denkschwäche und Kreativitäts-
verlust
•
Gefährdung von emotionaler Intelligenz,
Selbständigkeit und Durchhaltevermögen
•
Daher bis zum 16. Lebensjahr: striktes
Handyverbot!
•
Ein neues Erziehungsmodell ist nötig. Statt über
digitale Medien mit Menschen und der Natur
lernen
Digitaler Stress ist inzwischen zur „Volkskrankheit“
geworden. Und trotzdem werden nun auch die
Schulen digitalisiert. So legen wir den Grundstein,
dass Kinder Wissen in digitale Geräte auslagern,
sich das Gehirn nicht entwickeln kann und digitale
Konzerne schon bei Kindern systemverankernd
wirken können.
1. Digitale
Bildungskatastrophe
Der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer verur-
teilt digitalen Bildung an Schulen als eine Maßnah-
me zur Verdummung der Schüler, die zu einer
„Bildungskatastrophe“ führe. Er ist damit nicht
alleine. Wissenschaftler wie Prof. Dr. Ralf Lankau,
Prof. Dr. Gerald Hüther, Prof. Dr. Klaus Zierer, Prof.
Dr. Lembke sowie weitere Wissenschaftler bestäti-
gen die negative Auswirkungen einer digitalen
Schulbildung.
Zahlreiche Studien wie die OECD Studie, die John
Hatties Meta-Studie "Visible Learning" und das
Gutachten "Bildung 2030" des Aktionsrats Bildung
der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft zeigen,
dass die fortscheitende Digitalisierung für die geis-
tige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
schädlich und kontraproduktiv ist.
Die Neurobiologin Prof. Dr. Gertraud Teuchert-
Noodt empfiehlt, dass Kinder ohne jegliches digita-
les Spielzeug aufwachsen und bis zum 16. Lebens-
jahr möglichst ohne Tablet und Smartphone durch
die Schule gehen sollen, damit sie zunächst ihre
geistige Begabung für den sinnvollen Umgang mit
digitalen Medien ausbilden können. Sie erläutert in
einem Interview auf die Frage: „Warum lernt das
Kind nichts, wenn es mit dem Finger über das Display
wischt?“
„Die neuronalen Hintergründe lassen sich knapp
auf den Punkt bringen: Brot und Wasser sind zum
Leben nötig – Aktivitäten zum Lernen und Denken.
Je mehr Aktivitäten den Nervenzellen im Großhirn
des Kindes alle Tage wieder zuströmen, desto
differenziertere Verschaltungen können sich in den
reifenden Nervennetzen anlegen und desto besser
können sich das Gedächtnis und das Denken
entwickeln. Deswegen wird das Kleinkind von
klugen Eltern über Fingerspiele und Basteln dafür
vorbereitet, als Schulkind das Schreiben und Lesen
spielerisch erlernen zu können. Es ist ein fauler
Kompromiss, das Kind zwei Stunden draußen
rumtoben zu lassen, um ihm dann eine Computer-
stunde frei zu geben. Denn sobald das Kind über
das Display wischt, werden im Gehirn zwei
unangemessene Vorgänge in Gang gesetzt:
•
die jeweils kurzen Zeitfenster für das Reifen von
Nervennetzen – für Sprechen, Schreiben, Lesen,
Rechnen und zunehmend für Denken und
kreatives Planen – können nicht optimal
genutzt und nicht hinreichend strukturiert
werden. Denn das neuronale Fenster schließt
sich alsbald mit fortschreitender Entwicklung
und kann die Ausfälle später nur äußerst
erschwert nachholen.
•
Eine digitale Verarbeitung beschleunigt die
hirneigenen Zeitgeber speziell in dem für das
Lernen zuständigen limbischen Kortex. Hier
befindliche Leitungsbahnen und ihre Taktgeber
führen ein Wischen über das Tablet einem sich
selbst beschleunigenden und verstärkenden
Schaltkreis zur Suchtentstehung zu. Das
kindliche Gehirn kann es willentlich nicht
verhindern, eine geistlose Lust am Wischen
zu entwickeln. Sein Gehirn wird regelrecht
vergewaltigt und der digitalen Abhängigkeit
überlassen.
[…]
Schauen Sie über die Landesgrenzen in Länder
wie Südkorea, die Niederlande, einige US-Bundes-
staten, Australien, Türkei, in denen man seit
mehreren Jahren Erfahrungen zum schulischen
Umgang mit Tablets eingeholt hat und sie jetzt
wieder aus den Schulen herausholt. Digitalisierung
in Schulen führt zu Kreativitätsverlust und digita-
ler Sucht und blockiert das Lernen geradewegs.“
2. Kreative Genies
In einer Studie des World Economic Forums (WEF)
zeigte ein Kreativitätstest, der sogenannte
"Torrance Tests of Creative Thinking", dass 98%
aller Kindergartenkinder kreative Genies sind.
Diese Prozentzahl reduziert sich während der
Schullaufbahn dramatisch. Sie beträgt in einem Alter
von 25 Jahren nur noch 3%. Eine englische Studie
von Sir Ken Robinson mit 1.500 Kindern bestätigt
dieses Ergebnis. In der Studie erreichten
98 % der Kinder im Alter von 3-5 Jahren das Level
„genial“. Fünf Jahre später im Alter zwischen 8-10
Jahres erreichten nur noch 32 % das Level „genial“
und weitere 5 Jahre später waren die 13-15-jährigen
nur noch zu 10 % „genial“. Zur Kontrolle testete man
200.000 Erwachsene ab 25 Jahren, von diesen
Erwachsenen erreichten nur noch 2 % das Level
„genial“. Daraus lässt sich schließen, dass wir alle
die Fähigkeit zum unkonventionellen Denken haben,
dieses aber verkümmert.
Kreativität ist für die Zukunft eine der wichtigsten
Anforderungen. Eine wichtige Aufgabe der Schule
wäre es, Schülerinnen und Schüler kritisch auf ein
Leben in einer Digitalgesellschaft vorzubereiten und
ihnen Kompetenzen zu vermitteln, wie mit der
Informationsflut aus den digitalen Medien umzuge-
hen ist, und insbesondere zu lernen, wie man diese
kontrolliert.
3. Hegemonie der IT-
Konzerne
Die Digitalisierung in Schulen wird zwangsläufig
dazu führen, dass die jungen Menschen der „mani-
pulativen Hegemonie“ der digitalen Medien ausge-
setzt bleiben.
Die großen IT-Konzerne mit Angeboten wie Google
Classroom, YouTube Lernkanäle oder Zoom werden
weiterhin den Markt für digitale Bildung dominieren,
weil sie bereits jetzt die gesamte digitale Ökonomie
beherrschen.
Sie nehmen mit den in den Schulen gewonnenen
Daten vollkommenen Einfluss auf das Leben der
Menschen. Die Konzerne können mit dem Einsatz
der künstlichen Intelligenz und ihren allumfassen-
den Datensammlungen Schüler und ihr Umfeld
beliebig manipulieren.
4. Digitalisierte Schulen?
Unsere Gesellschaft muss sich die Frage stellen, ob
wir unsere Kinder aufgeben wollen. Mit dem
Digitalpakt werden unsere Kinder bewusst ver-
dummt und Wissen wird anstelle im Gehirn auf mo-
bile Geräte auslagert. Im aktuellen Wandel müssen
wir Bildungseinrichtungen schaffen, die statt auf
Konformität auf Kreativität setzen.
Ziel der Schule muss es sein, den Kindern und
Jugendlichen lebendige Welterfahrung zu ermögli-
chen und bei älteren Schülern das richtige Bewusst-
sein für den Umgang mit digitalen Medien zu
schärfen und ein tiefes Verständnis der Medien
und Kommunikationstechnologien zu vermitteln.
Nur so können sich selbstbewusste Menschen ohne
psychische Schäden entwickeln und die Schüler
gleichzeitig lernen, mit dem der unaufhaltsamen
Digitalisierung umzugehen.
5. Die beste Lernumgebung
Das wirksamste Lern-Medium für Kinder ist der
Mensch und die Natur: Familie, Freunde, Mitschüle-
rinnen und Mitschüler, Erzieherinnen und Erzieher,
Lehrerinnen und Lehrer. Die alle gemeinsam ihre
Werte vorleben, die Natur und das empfindliche
Ökosystem vermitteln und ihre Erfahrungen durch
Gespräche und gemeinsame Aktivitäten mit den
Kindern und Jugendlichen teilen.
Kinder und Jugendliche müssen zunächst lernen,
ihren Sinnen zu vertrauen und diesen zu folgen,
um so die reale Welt mit all ihren Facetten und
Unwägbarkeiten und verschiedenen Kulturen
kennenzulernen.
6. Die wichtigen
Fähigkeiten
Kinder müssen eine ganze Reihe von Fähigkeiten
ausbilden: die Entwicklung feiner Sinne, flexibles
und eigenständiges Denken, Kreativität, persönliche
Belastbarkeit, emotionale Intelligenz, selbstständi-
ges Lernen und Arbeiten, unmittelbares Empfinden
und Erleben, Durchhaltevermögen, die Entwicklung
eines freien Zugang zu den eigenen Fantasiekräften,
sozialen Umgang lernen, körperliche Gesundheit als
wichtiger Lebensfaktor, Resilienz aufbauen, Stress-
bewältigungsstrategien, Entwicklung einer freien
und selbstverantwortlichen Persönlichkeit.
Die Vermittlung der genannten Fähigkeiten ist durch
digitale Geräte und Inhalte nicht möglich. Digitale
Konsumgüter und Plattformen lassen Kinder und
Jugendliche in virtuelle Welten und
Konsummechanismen abtauchen, die ihre Willens-
stärke angreifen und Suchtmechanismen auslösen
mit der Folge, dass sie in diesen Welten dann
Zuflucht suchen.
Durch Aufklärung und nur gemeinsam mit den
jungen Menschen kann man verhindern, dass sie
in eine virtuelle Welt eindringen, die keine Grenzen
kennt und viele Abgründe bietet. Die für junge
Menschen noch undurchschaubar sind und deren
Mechanismen durch Multitasking-Anforderungen
und permanente Erreichbarkeit ihren Geist bricht.
Zahlreiche Studien belegen, dass die Digitalisierung
die körperliche und die seelische Gesundheit schä-
digt.
In der Summe führt die unkontrollierte
Digitalisierung bei jungen Menschen zum Verküm-
mern der Persönlichkeit und zu einem digital
Abhängigen und durch Nutzungsgewohnheiten
fremdbestimmten Wesen.
7. Lern- und Arbeitsphase
Für die meisten Menschen ist das Leben heute in
zwei Teile gesplittet – eine Lern- und eine Arbeits-
periode. In der Lernphase bildet der Mensch eine
stabile Identität und lernt persönliche und professio-
nelle Fähigkeiten und in der Arbeitsperiode hilft ihm
diese Identität und die erworbenen Fähigkeiten
Geld zu verdienen und der Gesellschaft nützlich zu
sein. Dieses Model wird es zukünftig nicht mehr
geben. Menschen werden aufgrund der ständigen
Veränderungen lebenslang lernen und sich immer
wieder neu erfinden müssen. Dabei wird das Tempo
der Veränderung kontinuierlich zunehmen.
Diese ständigen Veränderungen führen für viele zur
Arbeitslosigkeit und zu einem dauerhaften Stress.
Den Luxus von Stabilität im Job und Leben wird es
für viele im 21. Jahrhundert nicht mehr geben. Das
bedeutet, das Mensch lernen müssen, immer belast-
barer zu werden und mit ständig wechselnden
Anforderungen umzugehen. Die Vermittlung von
Kreativität, Emotionale Intelligenz und Belastbar-
keit sind Eigenschaften, die ein neues Erziehungs-
modell benötigen. Das derzeitige Erziehungsmodell,
das noch der industriellen Revolution im 19. Jahr-
hundert entstammt, wird dies nicht vermitteln.
Die historischen Erfahrungen der Elterngeneration
gelten nicht mehr für das 21. Jahrhundert. Vieles,
was die meisten Eltern über Wirtschaft, Politik oder
zwischenmenschliche Beziehungen gelernt haben,
lässt sich nicht auf das 21. Jahrhundert übertragen.
Die meisten Älteren machen so weiter, wie sie es ge-
lernt haben. Ältere Menschen möchten in der Regel
nichts verändern.
«Das meiste, was die Kinder heute in der
Schule lernen, wird durch die
Digitalisierung bedeutungslos werden.»
Yuval Noah Harari, Historiker und
Bestsellerautor
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Foto: Unsplash.com
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11%
48%
Abbildung: Tätigkeiten am Computer durch Kinder in der Schule 2018 .
Diese Statistik zeigt eine Umfrage zu den regelmäßigen Tätigkeiten
von Kindern am Computer in der Schule. 33 Prozent der befragten PC-
Nutzer gaben im Jahr 2018 an, mindestens einmal in der Woche in der
Schule einen Text zu schreiben. Hinweise und Anmerkungen
Es wurden sowohl Kinder von 6-13 Jahren als auch deren primäre
Erziehungspersonen (Haupterzieher) befragt. Diese Statistik beruht
auf den Angaben der Kinder.
Die Quelle macht keine genauen Angaben zur Fragestellung. Die hier
gewählte Formulierung kann daher gegenüber der Befragung leicht
abweichen.
Quelle: Statista. Veröffentlicht von Bernhard Weidenbach, 22.03.2021
Abbildung: Top 10 Fähigkeiten im Jahr 2020 und 2015.
Quelle: Future of Jobs Report, World Economic Forum
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Publikationen:
•
Regierungen müssen mehr tun, um Menschen die
Kompetenzen für die digitale Welt zu vermitteln, OECD
•
Revolution sieht anders aus, Süddeutsche Zeitung
•
Forum zu aktuellen Fragen der Schule, des Lernens und
der Bildungspolitik, Schulforum - Berlin
•
Bildung 2030 - veränderte Welt. Fragen an die
Bildungspolitik, vbw
•
Cyberkrank! Wie das digitalisierte Leben unsere
Gesellschaft ruiniert. Spitzer, M. Verlagsgruppe
Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München 2017
•
Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den
Verstand bringen. Spitzer, M. Verlagsgruppe Droemer
Knaur GmbH & Co. KG, München 2012
•
Vorsicht Bildschirm! Elektronische Medien,
Gehirnentwicklung und Gesellschaft. Spitzer, M. Dt.
Taschenbuchverlag dtv, München 2005
•
Burn Out Kids. Wie das Prinzip Leistung unsere Kinder
überfordert. Schulte-Markwort, M. Pattloch Verlag
(Verlags-gruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG),
München 2015
•
Humanismus für digitale Welt. Auswirkun-gen der
digitalen Revolution. Sandner, B. Kinderärztliche Praxis
2015, 86 (1): 6
Publikationen:
•
Grundbegriffe Medienpädagogik. 4., vollständig neu
konzipierte Auflage. Hüther, J., Schorb, B. Kopaed Verlag
GmbH, München 2005: 345-351
•
Hände weg vom Handy. Siegle, J. Neue Züricher Zeitung.
•
Digital Junkies. Internetabhängigkeit und ihre Folgen für
uns und unsere Kinder. De Wildt, B. Verlagsgruppe
Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München 2015
•
Smartphone & Co lassen Kurzsichtigkeit explodieren.
Smartphone und Computer gehören zum Alltag. Doch
das mensch-liche Auge hält mit dem Fortschritt nicht mit:
Das Starren auf Bildschirme gerade in jungen Jahren
führt zu einer Epidemie der Kurzsichtigkeit. Stein, A.
Welt, 06.09.2015
•
Media, Social Networking, and Pediatric Obesity,
Vandewater, E., Denis, L., 2011. Pediatric Clinics of North
America, Vol. 58, Nr. 6, S. 1509-1519
•
Kinder-Medien-Studie 2019, Breinig, K.
•
Jugendliche Wertkompetenz im Umgang mit Medien.
Rath, M., Marci-Boehncke, G. In: von Gottberg J,
Prommer E (Hrsg). Verlorene Werte? Medien und die Ent-
wicklung von Ethik und Moral. UVK Verlagsgesellschaft
mbH, Konstanz 2008: 77-98
•
Burn Out Kids. Wie das Prinzip Leistung unsere Kinder
überfordert. Schulte-Markwort, M., Pattloch Verlag
(Verlags-gruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG),
München 2015
•
Mobile phone use and stress, sleep disturbances, and
symptoms of depres-sion among young adults – a
prospective cohort study, Thomée, S., Härenstam, A.,
Hagberg, M. 2011. BMC Public Health, 11, 66
•
Humanismus für digitale Welt. Auswirkungen der
digitalen Revolution. Sandner, B. Kinderärztliche Praxis
2015, 86 (1): 6
Publikationen:
•
Werden Menschen in Zukunft 150 Jahre alt? Was sollen
wir mit all der Zeit anfangen? Und was bedeuten dann
noch Worte wie Jugend und Alter? Der Historiker Yuval
Noah Harari über das Leben von morgen., Süddeutsche
Zeitung