Grundlagen zur
Biotechnologie
Rote Biotechnologie
Die rote (medizinische Biotechnologie) beschäftigt
sich mit der Entwicklung therapeutischer und dia-
gnostischer Verfahren wie medizinische Diagnostik,
die personalisierte Medizin, die Arzneimittelherstel-
lung und die Gentherapie.
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1. Induzierte pluripotente
Stammzellen (iPS)
Im Jahr 2006 gelang es, Gewebezellen zu Stamm-
zellen umzuprogrammieren. Seitdem werden die
so entstandenen induzierten pluripotenten Stamm-
zellen (iPS) in der biologischen und medizinischen
Forschung eingesetzt. Sie ergänzen oder ersetzen
in vielen Bereichen die Arbeit mit embryonalen und
adulten Stammzellen. iPS-Zellen können aber em-
bryonale Stammzellen nicht in jedem Fall ersetzen.
Stammzellen werden zurzeit primär in der biologi-
schen Grundlagenforschung und bei der Entwick-
lung von Medikamenten eingesetzt. Therapeutische
Verfahren mit Stammzellen befinden sich noch in
der Versuchsphase. Aus dem Gewebe von Patien-
ten*innen gewonnene iPS-Zellen können Vorteile
bieten, da mit ihnen möglicherweise die Immunab-
stoßung fremder Zellen vermieden wird. In der
Kombination von iPS-Zellen und neuen Verfahren
der Genom-Editierung wird großes Potenzial für die
Erforschung komplexer genetischer Erkrankungen
gesehen.
So können mit CRISPR/Cas auch komplexe, auf meh-
reren defekten Genen beruhende Erkrankungen
leichter in Zelllinien modelliert, variiert und mit
gesunden Zelllinien verglichen werden. Bisher ist
die Redifferenzierung von iPS-Zellen in ausgereifte
Zellen wie Neuronen, Blut- oder Leberzellen sowie
in ganze Organe noch eine Herausforderung. Dies
wäre ein entscheidender Schritt einer Nutzung
von Stammzellen im Rahmen einer regenerativen
Medizin und somit der Nutzung lebender Zellen
zur Heilung beschädigter Organe und Gewebe.
Induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen),
hergestellt aus dem Blut von Patienten, stellen in
der Demenzforschung ein vielversprechendes Sys-
tem dar. In verschiedenen Projekten und Konsortien
wird diesen Fragestellungen nachgegangen:
•
Human iPS Cell Technology for Alzheimer
Research (HiPSTAR)
•
Plastizität des Alterns (PLAN)
•
Graduiertenkolleg: Protein, Modification,
Ageing (ProMoAge)
•
Polysialylierung von Adhäsionsmolekülen in
Neuronen
•
Sialinsäureinteaktion mit CD33 in Mikroglia
2. Bioimplantate und
Xenotransplantate
Bioimplantate als Element der regenerativen
Medizin erfordern interdisziplinäre Kompetenzen,
weil künstliche und organische Komponenten, in
variablen Anteilen kombiniert werden. Die Entwick-
lung intelligenter Implantate sowie stabiler und leis-
tungsfähiger Brain-Computer-Interfaces ist auf die
Biologisierung von Oberflächen, Kontakten und
Werkstoffen angewiesen. Bei Bioimplantaten
besteht ein fließender Übergang zwischen der
Übertragung biologischer Prinzipien auf technische
Anwendungen (Bionik) und der Biotechnologie als
technologische Auswirkungen auf das Leben. Die
Herstellung kompletter und komplexer künstlicher
Ersatzorgane liegt noch in weiter Zukunft. Das Mit-
telfristige biotechnologische Potenzial bei Ersatz-
organen ist in der Xenotransplantation zu sehen.
Dabei werden Beispielsweise Organe genetisch mo-
difizierter Schweine genutzt. Mit dem CRISPR/Cas
Verfahren lassen sich in deutlich kürzerer Zeit gene-
tische Modifikationen an Schweinen vornehmen
und diese in Zuchtlinien stabilisieren. Bei dieser
Methode kann auch, aus dem Schweinegenom die
DNA von Retroviren entfernt werden, die bei einer
Transplantation eine Gesundheitsgefahr darstellt.
Biotechnologische Anwendungen sollen wirksa-
mere und schonendere Therapien entwickeln, die
Krebs perspektivisch heilen könnten. Dabei sollen
individuelle genetische Risikoprofile bessere Vorsor-
geuntersuchungen gewährleistet und neue Biomar-
ker bei Routineuntersuchungen Tumore frühzeitiger
erkennen.
Die Untersuchung von extrahierten Tumorbestand-
teilen aus dem Blut kann eine Biopsie ersetzen. Das
Abgleichen von Krankheitsdaten mit weltweiten
medizinischen Datenbanken und Expertensystemen
soll die Erfolgswahrscheinlichkeiten von Therapien
erhöhen.
Strahlen- oder Chemotherapie sollen durch
Biotechnologische Verfahren, wie die Gabe standar-
disierter Antikörper, ersetzt werden. Dieses
Verfahren zielt auf das Immunsystem der Patienten
ab, um Krebszellen im Körper zu erkennen und zu
eliminieren.
Zukünftig wird es Therapien geben, bei denen kör-
pereigene Immunzellen entnommen werden, die
dann zur Bekämpfung des Tumors optimiert, in
einem Bioreaktor vermehrt und den Patienten wie-
der verabreicht werden. Biotechnologische
Verfahren bedeuten, maßgeschneiderte Diagnostik
und Therapie im Sinne einer individualisierten und
auf den zu behandelnden Menschen abgestimmte
Medizin.
Brustkrebs - Kernbiopsie - Darmkrebs in situ (DCIS), nachgewiesen
durch Mammographie-Screening: Tumorzellen sind auf die
Säugetierkanäle beschränkt. Es gibt Verzweigung und Buddeln ohne
Invasionsgegenstand.
Menschliche embryonale Stammzellen.
Links: undifferenzierte Kolonien.
Rechts: Neuron-Tochterzelle
Von Images: Nissim Benvenisty - Russo E. (2005) Follow the
Money—The Politics of Embryonic Stem Cell Research. PLoS Biol 3(7):
e234. doi:10.1371/journal.pbio.0030234, CC BY 2.5, Wikimedia
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