Naturwissenschaftliche und
medizinische Forschung
Die digitale Revolution wird begleitet von der Revolution der Biotechnologie, die
wesentliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft hat. Die Anwendungen
der Biotechnologie findet man in der Medizin, Landwirtschaft und Industrie.
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Grundlagen zur
Biotechnologie
1. Trends biologischer Prozesse
Durch immer günstigere und verbesserte Technologien lässt sich die Gesamtheit
der Gene und der Proteine von Organismen vollständig erfassen („Omics-Tech-
nologien“), was dazu führt, den Zusammenhang von Geno- und Phänotyp bes-
ser zu verstehen.
Aufgrund der großen Datenmengen kommen den digitalen Infrastrukturen in
der Biotechnologie eine erfolgskritische Bedeutung zu. Es bedarf der Verknüp-
fung höchst heterogener Daten, zum Beispiel von Omics-Daten Verhaltensdaten
von Patienten*innen oder Klimadaten und Bodenparametern, sowie künstlicher
Intelligenz um Forschungsprojekte und Anwendungen zu ermöglichen. Mit
neuen Verfahren, wird es zunehmend möglich, die Wirkung eines Medikaments
bei einem bestimmten Patienten*innen durch Tests vorherzusagen („Compa-
nion Diagnostics“). Dadurch wird die Wirksamkeit der Therapien erhöht, bei
gleichzeitigen Reduktionen der Nebenwirkungen und Fehlbehandlungen kön-
nen so vermieden werden. Durch neue Techniken kann das Erbgut leichter und
präziser verändert werden d.h., Gene können gezielt ausgeschaltet, entfernt,
hinzugefügt oder ausgetauscht werden.
Die Integration von Ansätzen der Ingenieurswissenschaften und der Informatik
in die Biologie wird zu einer Veränderung biologischer Systeme („synthetische
Biologie“) führen, sodass Mikroorganismen als Plattformorganismen geschaffen
werden, die nur mit den zum Leben nötigsten Genen ausgestattet sind. Diese
könnten dann im Sinne eines Baukastensystems schnell und flexibel mit be-
stimmten genetischen Modulen bestückt werden, um Kraftstoffe, Chemikalien
oder Wirkstoffe zu produzieren.
Das bedeutende Potenzial der Biotechnologie wird auf der Konvergenz folgen-
der Entwicklungen gesehen: Leistungsfähige Analysemethoden, Nutzung digita-
ler Voraussetzungen, Infrastrukturen, CRISPR/Cas als mächtiges Werkzeug zur
Genom-Editierung. Dieses Zusammenspiel eröffnet Möglichkeiten zur Modifika-
tion und perspektivisch auch zum Design lebender Prozesse.
Die Analyse von Genen und ganzen Genomen ist heute schnell und kostengüns-
tig möglich. Die Sequenzierung des menschlichen Genoms kostet 2020 ca. 1.500
USD und Teilanalysen beim Anbieter 23andMe 99,00 USD. Auch die Leistungs-
fähigkeit und Reife der Technologien zur Analyse weiterer Bestandteile des
Lebens wie beispielsweise von Proteinen oder Stoffwechselwegen verbessert
sich rasant. Hier machen Hochdurchsatzverfahren, die andere Bestandteile
und Abläufe lebender Organismen ähnlich detailliert und leistungsfähig wie die
Genomics analysieren können, riesige Fortschritte. Hier sind Omics-Technologien
für den Ansatz der Systembiologie entscheidend. Dieser Ansatz versucht, bio-
logische Systeme und Prozesse quantitativ über einen iterativen Prozess von
Experiment, Auswertung, mathematischer Modellierung, Prädiktion und erneu-
tem Experiment zur Validierung in ihrer Gesamtheit zu verstehen. Dabei spielen
vier Omics-Bereiche eine wesentliche Rolle:
•
Erfassung epigenetischer Modifikationen im Rahmen der Epigenomics
•
die Analyse der Genaktivität (Transcriptomics),
•
die Erfassung der Gesamtheit der Proteine (Proteomics)
•
die Zwischenprodukte von Stoffwechselwegen (Metabolomics).
Daneben existieren weitere Omics-Ansätze, wie die Connectomics. Diese
haben das Ziel, das Kommunikationsnetzwerk der Nervenzellen im Gehirn
nachzuzeichnen.
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Omics-Technologien
Die Untersuchung der molekularen
Grundlagen von Krankheiten kann auf
unterschiedlichen Ebenen und mit
unterschiedlicher Komplexität erolfen.
Holistische Analysen werden häufig unter
dem Begriff „omics“-Technologien
zusammengefasst. Dazu gehören unter
anderem die Genomics, Proteonics oder
Metabolomics.
Quelle: Eberhard Karls Universität
Tübingen, Tübingen
Mit dem Begriff Genotyp wird die
genetische Zusammensetzung eines
Organismus, bzw. die Kombination von
Erbanlagen bezeichnet, die hinter einem
Merkmal stehen. Unter dem Begriff
Phänotyp fasst man die sichtbaren
Eigenschaften eines Organismus
zusammen, er stellt somit das
Erscheinungsbild eines Merkmals dar. Der
Phänotyp wird von der Umwelt und vom
Genotyp bestimmt.
Die CRISPR/Cas-Methode beruht auf einem
bakteriellen Abwehrmechanismus gegen
Viren (CRISPR). Die Forscher*innen
adaptierten das System und reduzierten es
auf zwei Komponenten und zwar auf eine
flexibel programmierbare Zielvorrichtung
auf RNA-Basis die zu schneidende Stelle im
Erbgut vorgibt, und eine molekulare
Schere, die Endonuklease Cas9, die den
Schnitt vornimmt. Soll ein neues Gen in das
Erbgut eingeschleust werden, muss
zusätzlich zu diesen beiden Komponenten
eine Vorlage des neuen DNA-Abschnitts in
die Zielzelle eingebracht werden. Das hoch
präzise Verfahren CRISPR/Cas kann alle
Arten von Genmodifikationen vornehmen.
Das Verfahren ist schnell, günstig und
einfach anzuwenden.
2. Genom-Editierung
Neuere Verfahren der Genom-Editierung, zu denen neben Zinkfingernukleasen,
Meganukleasen und TALENs, CRISPR/Cas gehört, nehmen gezielte Schnitte des
DNA-Strangs an ausgewählten Stellen des Erbguts vor. Die Nutzung zelleigener
Reparaturmechanismen (NHEJ und HDR) zur Behebung dieser Schnitte macht
es möglich, Gene auszuschalten, zu entfernen, auszutauschen oder hinzuzufü-
gen. Große Fortschritte beim Genom-Editierung werden derzeit bei der Reduk-
tion von Fehlschnitten („Off-target Cuts“) im Genom erzielt.
In der Gentherapie kann Genom-Editierung eingesetzt werden, um angeborene
Gendefekte zu heilen. Dabei ist eine Modifikation von Zellen, zum Beispiel des
Knochenmarks, außerhalb des Körpers relativ einfach, aber die sichere Anwen-
dung der Genom- Editierung im Körper eine bislang ungelöste Herausforderung.
3. Reglungsbedürftige Synthetische
Biologie
Die synthetische Biologie ist ein Forschungsfeld an der Schnittstelle von mole-
kularer Biologie, Ingenieurswissenschaften und Informatik. Es werden Denk-
weisen der Ingenieurswissenschaft und der Informatik in die Biologie übertragen
mit dem Ziel von wesentlicher Veränderung biologischer Systeme, der Kombina-
tion mit chemisch synthetisierten Komponenten zur Schaffung neuer Einheiten
und der Konstruktion künstlicher Lebewesen.
Die moderne industrielle Biotechnologie hat Verfahren der Sequenzierung und
der Laborautomatisierung für eine gerichtete Evolution von Mikroorganismen-
stämmen, zum Beispiel zur Erzeugung von Proteinen, Enzymen und Nuklein-
säuren.
Im Juni 2016 gab es den Vorschlag des „Human Genome Project – Write“ (HGP-
write): die Synthese eines kompletten menschlichen Genoms.
Man erhofft sich davon einen Impuls für die synthetische Biologie.
4. Bionik
In der Zukunft wird die Bionik (Übertragen von Phänomenen der Natur auf die
Technik ) und verwandte Technologien Menschen bionische Implantate und
neurosensorische Adapter einsetzen. Damit können Menschen die ihr Gehör
oder Sehvermögen auf Organebene vollständig verloren haben wieder sehen
und hören.
5. Biologika und Biopharmazie
Biologika sind Arzneistoffe, die mit Mitteln der Biotechnologie und gentechnisch
veränderten Organismen hergestellt werden. Abzugrenzen hiervon ist das Gebiet
der Biopharmazie. Sie sollen gezielt in die Vorgänge des Körpers eingreifen.
Eingebettete Recheneinheiten, die einen Teil des neuronalen Netzes im Gehirn
simulieren, werden Patienten helfen nach einem Trauma ihre normalen Gehirn-
aktivitäten wieder aufzunehmen. Auf ähnliche Weise können Stammzellen vor
der Verabreichung vorprogrammiert werden, um sicherzustellen, dass sie sich
in die gewünschten Gewebe oder Organe implementieren. Dies ermöglicht die
Reparatur und Regeneration auf zellulärer Ebene.
6. Arzneimittelentwicklung
In der Arzneimittelentwicklung werden Biologika, wie Impfstoffe auf DNA-Basis
oder monoklonale Antikörper an Bedeutung gewinnen. Die Produktion von Bio-
pharmazeutika, in Form von Gewebekulturen und transgenen Organismen, lie-
fert medizinische Reagenzien, die früher nur von menschlichen Material bezo-
gen werden konnten. Die bisherige, auf kleinen Molekülen basierende Medizin
wird weiterhin Bedeutung haben. Die industrielle Anwendung von Quanten-
computern wird das Screening von Kandidaten für kleine Moleküle durch ein
computersimuliertes Design ersetzen. Dadurch wird die Phase I der Arzneimittel-
F&E-Prozesse stark verkürzt.
7. Gefahren durch Verschmelzung
von künstlicher Intelligenz und
Biotechnologie
Yuval Noah Harari, Israelischer Historiker und Bestseller-Autor beschreibt in sei-
nem Buch „Homo Deus“ wie durch Verschmelzung von künstlicher Intelligenz
und Biotechnologie die natürliche Selektion ersetzt werden kann. Der Homo
sapiens, wie er bisher existiert, kann durch die ungeregelte Nutzung der Biotech-
nologien in diesem Jahrhundert verschwinden.
Die Möglichkeit das wir in naher Zukunft Körper neu designen können, wird auch
zu einer neuen Selektion von Menschen führen. Ein gutes Gedächtnis oder Intel-
ligenz können nach Belieben kreiert werden. Die Geschichte hat gezeigt, dass
ohne gesetzliche Regelungen radikalere Schritt nicht aufzuhalten sind. Das bedeu-
tet, dass organische und künstliche Teile kombiniert werden und so Cyborgs er-
schaffen werden können. Zahlreiche Wissenschaftler arbeiten gerade daran,
Gehirn-Computer-Schnittstellen zu erzeugen. Damit könnten künstliche Glied-
maßen und Sensoren in unseren Körper integrieren werden, die vom Gehirn wie
unsere natürlichen Gliedmaßen gesteuert werden.
Computerkonzerne wie Google, Apple oder Baidu in China verwandeln sich
zunehmend in Biotechunternehmen. Erforscht werden u.a. neue Technologien
wie Nanoroboter, die kleiner sind als Blutzellen. Diese sollen millionenfach in die
Blutbahn injiziert werden, um dort die Organe zu überwachen sowie um Krank-
heiten zu entdecken und Krebszellen zu attackieren. So ein bionisches Immun-
system ließe sich stetig nachrüsten. Viren und Bakterien wären so zu kontrol-
lieren. Und es steht außer Frage, dass ohne Regulierung in weiteren Schritten
sogar komplett künstliche Lebensformen erschaffen werden könnten.
"Einer der Gründe, warum wir diese gefährlichen Techno-
logien regulieren müssen, ist der, dass wir die Menschen
schützen müssen - vor Hackern, Ausbeutung und Abhän-
gigkeit."
Yuval Noah Harari, Israelischer Historiker
Grafik zur anschaulichen Erklärung von
Genome Editing
Von Gerhart Ryffel - Eigenes Werk, CC BY-SA
4.0, Wikimedia
Der erste Ausdruck des menschlichen Genoms
visualisiert als Buchserie, ausgestellt im
'Medicine Now' Raum (Wellcome Collection,
London). Die Information der 3,4 Mrd.
Basenpaare der DNA wurde überführt in mehr
als 100 Buchbände, jedes 1000 Seiten, in
kleinstmöglicher Schriftgröße.
Von Russ London auf Wikipedia auf Englisch, CC
BY-SA 3.0, Wikimedia
Die bionische Hand soll Anweisungen von
Sensoren erhalten, die die Bewegung der
Muskeln im Arm der Person erfassen. Diese
Anweisungen werden verarbeitet und dann auf
die 337 mechanischen Teile gerichtet, die in
dieser bionischen Hand vorhanden sind, Teile,
die schließlich natürliche menschliche
Bewegungen nachahmen. Die erste Version der
bebionischen Hand wurde im Mai 2010 auf dem
Weltkongress und der Messe Orthopädie &
Reha-Technik in Leipzig vorgestellt.
Quelle: Wikipedia
IBM zeigt ein Modell eines Quantencomputers
in seinem Pavillon auf der CeBIT 2018,
Hannover, Deutschland. Die CeBIT ist die
weltweit größte Fachmesse für
Informationstechnologie.
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